Schmerzensgeld auch bei vom Pferd veranlasster Hilfeleistung

Erschienen am 05.07.2023

Schon oft war die Haftung des Tierhalters Gegenstand meiner Beiträge im Reiterjournal. Meistens geht es dabei um die Haftung des Tierhalters für einen Schaden, der von seinem Pferd verursacht wurde. Aus einer aktuellen Entscheidung des OLG Frankfurt ist abzuleiten, dass die Tierhalterhaftung auch denjenigen schützt, der sich durch das Verhalten des Pferdes zum Eingreifen veranlasst sieht.

Ein Beispielsfall
Ein Junghengst bricht aus seiner Weide aus und in eine Nachbarkoppel ein, wo er das Pferd der späteren Klägerin attackiert. Die eilt auf die Weide, um mit dem auf dem Weg ergriffenen Besen den Junghengst von ihrem Pferd zu trennen, kommt dabei zu Fall und zieht sich Verletzungen zu.
Sie verlangt anschließend von dem Halter des Hengstes ein Schmerzensgeld.

Die Rechtslage
Der Sachverhalt unterscheidet sich von den typischen Schadensfällen dadurch, dass kein Schadensersatz verlangt wird für die Verletzung des der Klägerin gehörenden Pferdes. Das wäre unproblematisch: Mit dem Ausbrechen aus der Weide und dem Angriff auf ihr Pferd hat sich die von dem Hengst ausgehende Tiergefahr realisiert. Der Halter würde für Tierarztkosten haften, die erforderlich würden wegen einer durch die Attacke verursachten Verletzung.

Hier aber war die Tierhalterin selbst durch den Sturz geschädigt. Das OLG Frankfurt hat in einem Fall, in welchem es sich um die Beteiligung von zwei Hunden bei einem ähnlichen Schadensverlauf wie dem eingangs geschilderten ging. Der Hundehalter wurde zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt, obwohl unmittelbar sein Hund die Verletzung der Klägerin nicht verursacht hatte.

Die Begründung
Das OLG führt aus, dass die Tierhalterhaftung nicht nur dann eingreift, wenn unmittelbar durch Ausschlagen, Beißen oder Durchgehen ein Schaden angerichtet wird. Die Schadensersatzpflicht der Tierhalter die von einem Verschulden unabhängige Haftung des Pferdehalters bestehe bereits, wenn eine Verletzung „adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist“. Ausreichend sei, wenn „sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht“. In dem Beispielsfall hat sich die Klägerin durch den Angriff des fremden Pferdes veranlasst gesehen, ihrem Pferd zur Hilfe zu eilen. Es handelt sich um eine völlig normale Reaktion, dass die Klägerin sich spontan entschlossen hat, die die Gefahrensituation zu beseitigen.

Fazit
Die Schadensersatzpflicht des Tierhalters, die von einem Verschulden unabhängig ist, besteht bereits, wenn eine Verletzung „adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist“.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt / Fachanwalt

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