Wissenswertes: Schmerzensgeld nach vorsätzlicher Tötung eines Pferdes?

Erschienen am 06.04.2023

Es gibt viele Szenarien, die durch Verlust eines Pferdes aufgrund von Fremdverschulden zu einer psychischen Erkrankung des Betroffenen Pferdehalters führen können. Für den Geschädigten, der den Verlust seines Pferdes zu beklagen hat, stellt sich die Frage, ob der Verursacher auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch genommen werden kann.

Ein Beispielsfall
Der Halter und Eigentümer seines einzigen, von ihm selbst ausgebildeten Pferdes, ist unterwegs zum Turnier. Auf dem Hinweg kommt es zu einem Auffahrunfall, der durch einen Raser verursacht wird. Noch vor Ort muss der Pferdehalter miterleben, wie nach Befreiung des Pferdes aus dem völlig zerstörten Anhänger der hinzugerufene Tierarzt die Einschläferung des Pferdes vornehmen muss, um das schwer verletzte Tier von seinem Leiden zu erlösen. Der Pferdehalter erleidet einen Schock.

Er hat zweifelsfrei einen Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher wegen des Schadens am Fahrzeug, am Anhänger und wegen des -materiellen- Schadens durch Verlust des Pferdes. Deutlich schwerwiegender können allerdings die psychischen Folgen eines solchen Geschehens sein.

Die Rechtslage
Für den Ausgleich einer psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung nach dem Tod oder der Verletzung eines Menschen gibt es unter recht engen rechtlichen Voraussetzungen auch einen Ersatz des sogenannten immateriellen Schadens,  gleichzusetzen mit einem Schmerzensgeldanspruch. Muss beispielsweise die Mutter eines Kindes dessen schuldhaft verursachten Tod während eines gemeinsamen Spaziergangs erleben, steht ihr ein Anspruch auf Ersatz des sogenannten Schockschadens in der Form von Schmerzensgeld zu.

Für den Fall des Todes eines Pferdes gilt aber nach bisheriger Rechtsprechung der Grundsatz, dass ein Schmerzensgeldanspruch dem Geschädigten nicht zusteht. Der Bundesgerichtshof hatte sich 2012 (Urteil vom 20.03.2012 – VI ZR 114/11) mit einer Klage zu befassen, die ein Hundehalter nach dem schuldhaft verursachten Verlust seines Hundes eingelegt hatte. Er wollte als Ausgleich für eine psychische Erkrankung, die sich in Folge des Todes seines geliebten Hundes eingestellt hatte, einen Ausgleich in Form von Schmerzensgeld gerichtlich durchsetzen, im Ergebnis ohne Erfolg. Der BGH meinte, dass die Rechtsprechung zum Ersatz von Schockschäden nach dem Tod und der Verletzung eines anderen Menschen nicht mit der Tötung von Tieren vergleichbar sei. Der BGH meinte außerdem, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die auf die Tötung von Tieren zurückzuführen seien, seien dem allgemeinen Lebensrisiko zuzurechnen. Als weiteres Argument führte das oberste Zivilgericht an, dass der Verlust eines Tieres schon deswegen weniger belastend sei, weil ohnehin Tiere eine kürzere Lebenserwartung als Menschen aufweisen.

Ergebnis
Noch gilt der Grundsatz, dass bei schuldhafter Verletzung oder Tötung eines Tieres der Verursacher nicht auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden kann. Wirklich überzeugend erscheint das schon deswegen nicht, weil die einschlägigen Bestimmungen des BGB keinen Ausschluss eines Ausgleichs für Schockschäden nach Tötung oder Verletzung von Tieren vorsehen. Zudem ist nicht mit einer grenzenlosen Ausweitung des Schmerzensgeldanspruches zu rechnen, weil nicht etwa generell ein solcher Anspruch mit dem Verlust des Pferdes entsteht. Vielmehr müssen erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen eingetreten und auf den Tod des Pferdes zurückzuführen sein. Diesen Zusammenhang müsste jeweils der geschädigte Pferdehalter nachweisen. Es dürfte an der Zeit sein, die Rechtsprechung zu überdenken, auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen und insbesondere zu berücksichtigen, welche intensive emotionale Bindung zu Tieren, insbesondere zu Pferden und Hunden, bestehen kann.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt/Fachanwalt

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€