Die Tücken eines Formularkaufvertrages

Erschienen am 07.10.2022

Für Vertragsformulare gelten bestimmte Regelungen, die der Vertragsfreiheit eine Grenze setzen. Ausschlaggebend für den Erfolg einer Klage ist oft die zentrale Frage, ob von einem Vertrag mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Vertrag) auszugehen ist.

Ein Beispielsfall

Die Parteien eines Pferdekaufvertrages hatten einen schriftlichen Vertrag unterzeichnet, in welchem es hieß:

„Das dem Käufer bekannte und vertraute Pferd, da Vorbesitzer, wird gekauft wie in Augenschein genommen. Eine weitere Haftung oder Gewährleistung irgendwelcher Art übernimmt der Verkäufer nicht.“

Im Übrigen enthielt der Vertrag vorformulierte Bestimmungen, darunter auch eine sog. Salvatorische Klausel. Vorgelegt worden ist der Vertrag vom Verkäufer. Als bekannt wurde eine akute Lahmheit aufgrund eines Nageltritts angegeben.

Nach Abheilen der Verletzung war das Pferd unverändert lahm und konnte aufgrund chronischer degenerativer Befunde reiterlich nicht genutzt werden. Die Käuferin trat vom Vertrag zurück, der Verkäufer berief sich auf den im Vertrag enthaltenen Gewährleistungsausschluss.

Die Rechtslage

Im Rahmen eines individuell abgeschlossenen Vertrages kann zwischen Verbrauchern die Haftung vollständig ausgeschlossen werden. Eine Vereinbarung, dass keinerlei Gewährleistung übernommen wird, ist grundsätzlich zulässig und wirksam, es sei denn, der Käufer wäre durch arglistige Täuschung zum Vertragsabschluss veranlasst worden. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine erhebliche Vorerkrankung verschwiegen oder zum Alter oder anderen wesentlichen Eigenschaften falsche Angaben gemacht worden wären. Davon war in dem geschilderten Fall nicht auszugehen.

Für einen Formularvertrag, einen sogenannten AGB-Vertrag, gelten strengere Regeln, die sich aus den §§ 305, 309 BGB ergeben. Dort sind Klauselverbote formuliert. Zum Beispiel kann nicht kategorisch und uneingeschränkt die Haftung für Mängel ausgeschlossen werden, es sei dann, es würden von einem solchen Haftungsausschluss Personenschäden ausgenommen und andere, die auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen. Unwirksam wären auch Klauseln, die eine einseitige Benachteiligung des Vertragspartners beinhalten oder die so überraschend sind, dass der Vertragspartner nicht damit rechnen muss. Entscheidend ist, dass das Vertragsformular, in welchem unwirksame Klauseln enthalten sind, nicht etwa vom Käufer, sondern vom Verkäufer verwendet wurde.

Die rechtliche Beurteilung im Einzelfall

Das Landgericht, das mit dem geschilderten Fall befasst war, sah in dem schriftlichen Vertrag keinen Formularvertrag. Dagegen spreche die Tatsache, dass der Nageltritt ausdrücklich erwähnt worden sei und insoweit Änderungen des aus dem Internet heruntergeladenen Vertragstextes individuell vorgenommen worden seien.

Diese Auffassung teilte die zweite Instanz, das Oberlandesgericht (OLG), nicht. Der zitierte Satz, wonach das Pferd verkauft werde, „wie in Augenschein genommen“ stelle lediglich eine Besichtigungsklausel dar. Der daraus abzuleitende Gewährleistungsausschluss bezieht sich lediglich auf die bei der Besichtigung wahrnehmbaren, insbesondere sichtbare Mängel der Kaufsache. Es kommt dann nicht darauf an, ob eine sachkundige Person, etwa ein Tierarzt, den Mangel hätte entdecken können.

Das OLG war der Auffassung, durch den zweiten Satz, wonach eine „weitere Haftung oder Gewährleistung irgendwelcher Art“ nicht übernommen werden soll, sei ein umfassender Gewährleistungsausschluss formuliert worden. Davon waren aber entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 309 BGB Personenschäden und anderweitige Schäden, die auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen, nicht ausgenommen. Deswegen sei der Haftungsausschluss unwirksam, weil es sich entgegen der Auffassung des Landgerichts um einen AGB-Vertrag handele. Für das Vorliegen von AGB sei keine formularmäßige Verwendung im Sinne von Mustervertragstexten oder Formularen erforderlich. Es reiche, dass der zu ergänzende Vertragstext für eine vielfache Verwendung konzipiert wurde. Dafür spreche im konkreten Fall die Salvatorische Klausel.

Da die Vertragsparteien die einzelnen Bestimmungen nicht einzeln ausgehandelt hatten, wurde von einem AGB-Vertrag mit der Konsequenz ausgegangen, dass der Haftungsausschluss unwirksam war.

Ergebnis

Der Verkäufer hatte für die mangelnde Reitbarkeit infolge krankhafter Befunde zu haften. Die Verwendung als Reitpferd war nach Auffassung des OLG als Beschaffenheitsvereinbarung, zumindest aber als vertraglich vorausgesetzter Verwendungszweck anzusehen. Weil das Pferd dafür – unabhängig von dem ausgeheilten Nageltritt – nicht geeignet war, war der Rücktritt vom Vertrag wirksam.

Dr. Dietrich Plewa (Rechtsanwalt / Fachanwalt), Tara Plewa (Dipl. jur.)

                          

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