Haftung für Hauptmängel?

Erschienen am 05.08.2022

Die Spezialvorschriften zum „Viehkauf“ sind bereits zum 31.12.2001 außer Kraft getreten. Sie wurden ersatzlos gestrichen. An ihre Stelle trat das inzwischen zum 01.01.2022 nochmals gründlich reformierte Kaufrecht auf der Basis von europarechtlichen Vorgaben. Die Hauptmängel können im Rahmen der Vertragsfreiheit aber durchaus noch Bedeutung haben.

Die gesetzlichen Regelungen
In den §§ 481 ff. BGB alter Fassung war das Viehgewährleistungsrecht geregelt. Die Haftung des Verkäufers war beschränkt auf die sogenannten Hauptmängel, die abschließend in der Viehmängelverordnung aufgeführt waren (Rotz, Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, periodische Augenentzündung und Koppen). Landläufig wurden sie auch als Gewährsmängel beschrieben, weil eben für das Nichtvorhandensein dieser Mängel der Verkäufer – gleichgültig ob Unternehmer oder Privatperson – einzustehen hatte. Bezüglich dieser Mängel gab es eine gesetzliche Gewährfrist von zwei Wochen, innerhalb derer sich die Mängel gezeigt haben mussten. Innerhalb von 16 Tagen mussten die Mängel angezeigt werden. Die Verjährungsfrist, innerhalb derer gerichtliche Schritte einzuleiten waren, betrug 6 Wochen, beginnend mit dem Ablauf der Gewährfrist.

Die gesetzlichen Bestimmungen sind für alle Verträge, die ab dem 01.01.2022 abgeschlossen wurden, nicht mehr anwendbar.

Die Ausnahme
Soweit die Kaufvertragsparteien in ihrer Vertragsfreiheit nicht eingeschränkt sind, können sie auf die außer Kraft getretenen Bestimmungen zurückgreifen. Für den Verbrauchsgüterkauf gilt das nicht, weil insoweit die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen weitestgehend zwingend sind, also zu Lasten des Käufers nicht durch vertragliche Vereinbarungen ausgeschlossen werden können.

Außerhalb des Verbrauchsgüterkaufs aber herrscht weitestgehende Vertragsfreiheit. Deswegen kann die Haftung auf die früheren Hauptmängel beschränkt werden, es könnte auch eine Gewährleistungszeit ebenso wie eine verkürzte Verjährungsfrist vereinbart werden. Das haben zuletzt das Landgericht Mannheim (LG) und in zweiter Instanz auch das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) bestätigt. Beide Parteien des dort entschiedenen Rechtsstreits waren im rechtlichen Sinne Unternehmer. Der Verkauf einer Zuchtstute war daher kein Verbrauchsgüterkauf. Im schriftlichen Kaufvertrag hieß es, dass der Verkäufer für Hauptmängel haftet nach den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über die Haftung von Gewährsmängeln. Der Kläger des Rechtsstreits war vom Vertrag zurückgetreten, weil sich nach seiner Auffassung herausgestellt hatte, dass die Stute schon zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges nicht zuchttauglich war.

Die Haftungsbegrenzung
Nach Auffassung beider Instanzen kam es abschließend auf die Frage der Zuchttauglichkeit nicht an. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn dem Verkäufer arglistige Täuschung hätte nachgewiesen werden können. Unter dieser Voraussetzung würde ein Haftungsausschluss oder auch eine Haftungsbegrenzung in einem schriftlichen Vertrag ebenso wie im Rahmen einer mündlich getroffenen Vereinbarung nicht wirksam sein können. Das versteht sich von selbst: Der Verkäufer, der bewusst den Verkäufer in die Irre führt und wesentliche Mängel verschweigt, verdient letztlich keinen Schutz.

Der redliche Verkäufer kann sich aber, so die mit dem geschilderten Fall befassten Gerichte, auf die Haftungsbegrenzung berufen. Gewerblichen Pferdeverkäufern, die sich mit Pferdezucht befassen, müsse die Regelung über die Hauptmängel bekannt sein. Dem Käufer habe also klar sein müssen, dass der Verkäufer ausschließlich für das Nichtvorhandensein von Hauptmängeln nach § 1 der Viehmängelverordnung einzustehen habe.

Ergebnis:
Die Klage hatte letztlich in beiden Instanzen keinen Erfolg, weil der Kläger selbst nicht geltend gemacht hatte, dass das Pferd einen Hauptmangel im Sinne der Kaiserlichen Verordnung aufwies. Soweit die Kaufvertragsparteien den Vorzug der inhaltlichen Gestaltungsfreiheit haben, können sie die Haftung in beliebiger Weise beschränken, insbesondere auch auf die vormals für den Pferdekauf geltenden Haupt- oder Gewährsmängel. Von dieser Möglichkeit ist in dem von mir konzipierten Vertragsformular für den Verkauf eines Pferdes außerhalb des Verbrauchsgüterkaufes ab 2002 Gebrauch gemacht worden. Die Wirksamkeit des Vertragstextes ist durch die erwähnten Entscheidungen bestätigt worden.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt / Fachanwalt

 

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