Schwarzgeldabsprache beim Pferdeverkauf

Erschienen am 10.06.2022

Erstaunlich oft sind im schriftlichen Pferdekaufvertrag Beträge genannt, die weit entfernt sind vom tatsächlich gezahlten Kaufpreis. Unabhängig von den Motiven der Vertragsparteien kann das erhebliche Rechtsfolgen haben.

Die typische Konstellation:

In einem in erster Instanz rechtskräftig entschiedenen Prozess hatte die Käuferin 6.000,00 € für ein Freizeitpferd hingelegt, im schriftlichen Kaufvertrag waren allerdings nur 1.500,00 € als Kaufpreis ausgewiesen. Der nicht im Kaufvertrag erwähnte Anteil von 4.500,00 € wurde in bar bezahlt. Die Klägerin machte Ansprüche wegen Mängeln des Pferdes geltend, die aber vom Verkäufer bestritten wurden.

Die rechtliche Beurteilung:

Das mit der Sache befasste Landgericht Stuttgart (LG) kam erst gar nicht zu einer Beweisaufnahme zu der Frage, ob das Pferd nun tatsächlich mangelhaft ist oder nicht. Es hat aus ganz anderen Gründen die Klage abgewiesen. Das LG meinte, über die Teilzahlung von 4.500,00 € sei eine Schwarzgeldabrede getroffen worden. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen gesetzliche Verbotsvorschriften, was zur Nichtigkeit des Kaufvertrages führe. Die Vereinbarung, dass der überwiegende Teil des Kaufpreises nicht schriftlich festgehalten sei, stelle eine Verabredung zur Steuerhinterziehung dar. Ob dann tatsächlich Steuern hinterzogen worden seien, ob also der Verkäufer den eingenommenen Barbetrag nicht versteuert habe, sei nicht erheblich. Die Vereinbarung sei schon deswegen nichtig, weil über einen „steuerlich relevantes Geschäft keine Rechnung“ ausgestellt worden war, was in der Rechtsprechung als „Ohne-Rechnung-Abrede“ bezeichnet wird. Dazu das LG: Als eine Ohne-Rechnung-Abrede gleichzusetzende Vereinbarung muss es auch angesehen werden, wenn im schriftlichen Vertrag ein Kaufpreis dokumentiert wird, der zu dem tatsächlich vereinbarten außer Verhältnis steht.

Der Vertragszweck:

In derartigen Fällen stellt sich nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) die Frage, ob die Verkürzung von Steuern alleiniger oder zumindest hauptsächlicher Zweck des Vertrages war. Der Vertrag wäre überhaupt nur dann wirksam, „wenn festgestellt werden kann, dass er auch ohne die steuerverkürzende Abrede bzw. ohne die Ohne-Rechnung-Abrede bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Steuerabschwörung zu denselben Bedingungen“ abgeschlossen worden wäre. Das hat das LG im Hinblick auf das Verhältnis zwischen dem schriftlich festgehaltenen und darüber hinaus gezahlten Betrag verneint. Das würde von der Rechtsprechung einheitlich so gesehen, wenn die Parteien ausdrücklich darüber gesprochen haben, dass ein Teil „bar fließen müsse“ und/oder gerade dadurch Mehrwertsteuer erspart werde, was auch den Käufer begünstige.

Rechtsfolgen:

Bei einem nichtigen Vertrag kann es zwangsläufig keine Sachmängelansprüche geben. Allerdings würde man erwarten, dass dann zumindest der Käufer einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises hat, weil er den ja ohne rechtlichen Grund geleistet hat. Dem steht allerdings eine gesetzliche Regelung (§ 817 Satz 2 BGB) entgegen, wonach eine Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn der Vertragspartner in dem Bewusstsein zahlt, dass die Schwarzgeldabrede gegen ein rechtliches Verbot verstößt.

Ergebnis:

Das Ergebnis erscheint letztlich ungerecht, weil die Steuerverkürzung im Wesentlichen im Verbrauchsgüterkauf, also einem Verkauf vom Unternehmer an Verbraucher, eine Rolle spielt. Der gewerbliche Verkäufer verfolgt in der Regel den Zweck, nicht nur die Umsatzsteuer einzusparen, was auch dem Käufer zugutekommt, darüber hinaus aber auch, den Barbetrag nicht der Einkommensteuer zu unterwerfen. Der private Verkäufer hätte insoweit keinen Vorteil, weil er weder Mehrwertsteuer berechnet noch der Gewinn aus einem rein privaten Verkauf der Einkommenssteuer unterliegt. Der Unternehmer jedoch, der wegen des gesetzlichen Verbots seine Haftung beim Verkauf an einen Verbraucher nicht ausschließen kann, würde auf dem Wege über die Schwarzgeldabrede von jeder Haftung freigestellt. Mit anderen Worten: Für ein gesetzwidriges Vorgehen würde er haftungsrechtlich begünstigt. Nicht nur dieser Gesichtspunkt war aktuell für das OLG Köln Grund genug, die Rechtsfrage anders zu beurteilen. Das OLG ging davon aus, dass die Rechtsprechung zur Schwarzgeldabrede, die im Rahmen des Werkvertrages, insbesondere im Baugewerbe ihre forensische „Heimat“ hat, nicht auf den Pferdekauf übertragbar ist.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt/Fachanwalt

 

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