Pferdekaufvertrag: Nichtig wegen Wuchers?

Erschienen am 14.12.2021

Schon 2002 hatte der BGH entschieden, dass ein Pferdekaufvertrag nichtig sein kann, wenn der Preis in einem unangemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Wert des gekauften Pferdes steht. Die Nichtigkeit würde grundsätzlich dazu führen, dass der Käufer die Rückzahlung des Kaufpreises und die Rücknahme des Pferdes verlangen kann. Dieser Beitrag behandelt einen Ausnahmefall.

Der Sachverhalt
Die Klägerin eines Rechtsstreits hatte beim Verkäufer mehrere Pferde besichtigt und ausprobiert. Keines von den angebotenen Pferden sagte ihr zu, sie hatte sich für ein anderes Pferd aus dem Bestand des Beklagten entschieden. In das hatte sie sich „verliebt“. In dem Prozess äußerte die als Zeugin gehörte Beraterin, vormalige Reitlehrerin der Klägerin, dass es unbedingt das eine Pferd habe sein müssen. Die Beziehung zu dem Pferd entwickelte sich dann doch nicht so wie erhofft. Die Klägerin verlangte vom Verkäufer die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Sie stützte ihre Klage darauf, dass der gezahlte Kaufpreis mehr als doppelt so hoch sei wie der tatsächliche Wert des Pferdes. Diese Behauptung ist durch ein Sachverständigengutachten bestätigt worden.

Voraussetzung der Nichtigkeit
Wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht, kann ein Kaufvertrag nichtig sein. Als weitere Voraussetzung allerdings kommt es darauf an, dass dem Verkäufer eine verwerfliche Gesinnung vorzuwerfen ist, weil er etwa die wirtschaftliche Position des anderen Teils bewusst zu seinem Vorteil ausgenutzt hat.

Wenn der Verkäufer des Pferdes ein Unternehmer ist, wird zu seinen Lasten diese verwerfliche Gesinnung angenommen, weil man davon ausgeht, dass der Unternehmer den Wert des Pferdes objektiv einschätzen kann und die Unerfahrenheit bzw. die unterliegende Sachkunde seines Kunden ausnutzt.

Die Ausnahme
Das OLG München (24 U 1680/19) kam in dem geschilderten Fall nicht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin wegen des groben Missverhältnisses zwischen Preis und Wert des Pferdes den Kaufpreis zurückverlangen konnte. Die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung komme nämlich dann nicht zum Tragen, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert sei. Das Gericht nahm also an, dass es der Klägerin letztlich gar nicht auf den Kaufpreis angekommen sei, dass sie vielmehr unabhängig von dessen Höhe das Pferd jedenfalls habe erwerben wollen.

Vorsicht ist geboten
Es mag dahingestellt sein, ob die Begründung des Gerichts uneingeschränkt Zustimmung verdient. Festzuhalten ist nämlich, dass auch das OLG grundsätzlich davon ausgegangen ist, dass ein „sittenwidrig“ überhöhter Kaufpreis zur Nichtigkeit des Vertrages führen kann mit der Konsequenz, dass dann der Verkäufer den Kaufpreis zurückzuzahlen und das Pferd abzunehmen hat. Er hätte darüber hinaus dann auch noch dem Käufer entstandene Unterhaltungsaufwendungen zu ersetzen.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt / Fachanwalt

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