Rechtsprechung: Herzfehler kein Mangel?

Erschienen am 11.01.2021

Der Bundesgerichtshof hat wiederholt klargestellt, dass der Käufer eines Pferdes nicht erwarten kann, ein Idealpferd zu erhalten. Das Gericht trägt damit dem Umstand Rechnung, dass Pferde Lebewesen sind, die individuelle, teilweise auch negative Eigenschaften haben und die zudem einer ständigen Veränderung unterliegen, nicht zuletzt durch Älterwerden.

Ein Beispielsfall

Der Kläger eines Rechtsstreits, der in zweiter Instanz beim Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) landete, wollte einen Pferdekaufvertrag rückabwickeln, weil bei dem Pferd tierärztlich der Verdacht auf eine Mitralklappeninsuffizienz erhoben worden war. Das in erster Instanz mit dem Prozess befasste Gericht sah sich nicht in der Lage, die Frage zu beantworten, ob nun ein solcher Befund als Mangel anzusehen ist. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige meinte, bei dem Pferd liege tatsächlich eine geringgradige Mitralklappeninsuffizienz vor. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen waren aber darüber hinaus keine klinischen Befunde und auch keine Leistungsbeeinträchtigungen bei einer Verwendung als Freizeitpferd feststellbar. Eine konkrete Gefahr für den Reiter bestehe bei der Nutzung nicht. Der Gutachter empfahl lediglich, das Pferd im halbjährlichen Abstand vorsorglich überprüfen zu lassen.

Die Rechtslage

In der einschlägigen Bestimmung des BGB (§ 434 I, Satz 2 Ziff. 2 BGB) heißt es dazu, dass ein Kaufgegenstand mangelhaft ist, wenn er nicht dem Zustand entspricht, der bei „Sachen“ vergleichbarer Art üblich ist und den redlicherweise der Käufer erwarten kann.

Nun wird man sagen können, dass ein Befund, wie er hier festgestellt wurde, wohl bei vergleichbaren Freizeitpferden eher nicht üblich in dem Sinne ist, dass er bei der Mehrzahl vergleichbarer Pferde festgestellt werden kann. Der BGH hat allerdings das Kriterium der Üblichkeit beim Pferdekauf für nicht entscheidend erachtet. Wie oft ein bestimmter Befund erhoben werde, könne beim Tierkauf nicht relevant sein. Der Käufer könne auch kein Pferd mit „idealen“ Anlagen erwarten, müsse vielmehr damit rechnen, dass das von ihm erworbene Pferd in der einen oder anderen Hinsicht Abweichungen vom Idealzustand aufweise. Auch die damit verbundenen Risiken für die spätere Entwicklung des Pferdes seien für Lebewesen typisch und würden für sich genommen noch nicht als vertragswidrig anzusehen sein. Der Grundsatz des BGH lautet, dass der „Verkäufer eines Pferdes nur dafür einzustehen hat, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und deshalb für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung nicht mehr einsetzbar sein wird“.

Ergebnis

In beiden Instanzen hatte letztlich die Klage keinen Erfolg. Auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens sei nicht davon auszugehen, dass die Eignung des Pferdes als Freizeitpferd beeinträchtigt sei. Das sich der Zustand in der Zukunft verschlechtern könne, sei allein nicht ausreichend, um einen Mangel anzunehmen. Auch die Tatsache, dass der Befund zu einer Wertminderung führe, berechtige jedenfalls nicht zum Rücktritt vom Vertrag, lautete die Begründung des OLG.

Hinweis

Die Rechtsprechung lässt längst nicht jeden von der „Norm abweichenden“ veterinärmedizinischen Befund als Mangel gelten. Vielmehr wird der oben dargestellte Maßstab angelegt. Der ist allerdings dann nicht entscheidend, wenn eine bestimmte gesundheitliche Beschaffenheit vereinbart ist. Dann nämlich stellt jede negative Abweichung einen Mangel dar.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker
Rechtsanwälte/Fachanwälte

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