Die Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters

Erschienen am 08.10.2020

Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Reitern und dem Turnierveranstalter, wenn durch die technische Ausgestaltung der zum Turniergelände gehörenden Plätze ein Schaden verursacht wird. Das Haftungsrisiko des Veranstalters ist nicht zu unterschätzen.

Die Verkehrssicherungspflicht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in dem Rechtsverhältnis zwischen Teilnehmer und Veranstalter eine schuldrechtliche Sonderverbindung gesehen, die einem Preisausschreiben, einem Unterfall der Auslobung (§§ 661, 657 BGB), vergleichbar sei. Eher dürfte wohl von einem Vertrag auszugehen sein, der durch Annahme einer Nennung zustande kommt. Der begründet die wechselseitigen Pflichten, insbesondere das Recht des Nenners, an der Veranstaltung teilzunehmen, andererseits die Pflicht, den Einsatz zu zahlen und die Verpflichtung des Veranstalters, auf der Grundlage der Ausschreibung die Startmöglichkeiten zu eröffnen. Auch wenn man mit dem BGH eine nur vertragsähnliche Verbindung annehmen wollte, kommt als Grundlage für einen Schadensersatzanspruch § 280 BGB in Betracht. Der besagt, dass sich der Vertragspartner schadensersatzpflichtig macht, der eine ihm obliegende Pflicht verletzt und dadurch einen Schaden verursacht. Sind diese Voraussetzungen gegeben, scheidet die Haftung des Vertragspartners dann aus, wenn dieser nachweist, dass die objektive Pflichtverletzung nicht von ihm zu vertreten ist, ihm also kein Verschuldensvorwurf zu machen ist.

Aus der Rechtsbeziehung zwischen Teilnehmer und / oder Pferdeeigentümer einerseits und dem Veranstalter ergibt sich im Wesentlichen eine Verkehrssicherungspflicht. Die geht dahin, die Teilnehmer vor Gefahren zu schützen, die sich aus einer unzureichenden Organisation und Absicherung ergeben. Der Veranstalter ist verpflichtet, geeignete Reitflächen zur Verfügung zu stellen. Er muss nicht allen denkbaren Gefahren vorbeugen, andererseits aber den Schutz vor Gefahren gewährleisten, die vom Teilnehmer nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind. Das OLG Frankfurt hat hervorgehoben, dass an die Sicherheit von „Wettkampfanlagen“ vergleichsweise hohe Anforderungen zu stellen sind, weil das Augenmerk von Teilnehmern in erster Linie der Sportausübung gilt und die Konzentration darauf gerichtet ist, Gefahrenquellen der Reitflächen festzustellen.

Das OLG München fordert, dass der Teilnehmer auf eine uneingeschränkt professionelle Gefahrensicherung vertrauen darf. Für den Reitsport begründet das die Verpflichtung, „eine geeignete Wettkampfanlage zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren aufweist, die über das übliche Risiko hinausgehen und mit denen die Teilnehmer nicht zu rechnen  brauchen“. Es sind die Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein umsichtiger und gewissenhafter Veranstalter für ausreichend halten darf, um die Teilnehmer vor Schäden zu bewahren und die dem Veranstalter den Umständen nach zuzumuten sind.

Die zwischen 0,8 und 1,1 m hohe Einzäunung eines Dressurviereckes, bei welchem horizontale Zaunlatten außen an den Rundpfosten angebracht waren, entspricht den gebotenen Anforderungen nicht. Der Veranstalter ist zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sich eine Reiterin durch „Einfädeln“ an einem solchen Pfosten eine Verletzung zuzieht. Das OLG Karlsruhe hat insoweit auch kein Mitverschulden der Reiterin angenommen, die sich das Viereck vorher nicht angesehen, jedenfalls eine Gefährdung durch die innenseitig angebrachten Pfosten nicht erkannt hatte. Die schadensursächliche Gefahrenquelle hätte problemlos durch innenseitige Anbringung der horizontalen Zaunlatten und deswegen auch mit zumutbarem Aufwand verhindert werden können.

In einem anderen Fall wurde eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht darin gesehen, dass die Begrenzung eines Vorbereitungsplatzes von Betonfüßen gehalten wurde, die in die Reitfläche hineinragten. Der Veranstalter hatte Schadensersatz zu leisten, weil sich ein Pferd an einem solchen Betonfuß eine Verletzung zugezogen hatte.

Auch beim Parcourbau ist die Verkehrssicherung der Gefahrenabwehr zu beachten. Die zu geringe Höhe eines Fangständers, bei dessen Überspringen sich ein Pferd verletzt hatte, war Grundlage eines Urteils, durch den der Veranstalter zu Schadensersatzleistung verpflichtet wurde.

Fazit

Das Haftungsrisiko des Veranstalters ist relativ groß, zumal die Gerichte sehr zurückhaltend darin sind, ein Mitverschulden des Reiters anzunehmen. Erfreulicherweise besteht zumindest regelmäßig Versicherungsschutz und außerdem auch die Möglichkeit des Turnierveranstalters, seine Haftung durch entsprechende Klauseln in der Ausschreibung zu begrenzen.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker
Rechtsanwälte/Fachanwälte

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