Keine Tierarzthaftung bei Eigenverschulden des Eigentümers

Erschienen am 22.02.2020

Wenn der Tierarzt eine falsche Diagnose stellt und dadurch ein Schaden an dem untersuchten Pferd verursacht wird, hat grundsätzlich der Tierarzt Schadensersatz zu leisten. Die Haftung kann allerdings ausnahmsweise entfallen.

Ein Beispielsfall

Der in einem vom Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) entschiedenen Rechtsstreit beklagte Tierarzt war damit beauftragt worden, ein Pferd wegen einer Lahmheit zu untersuchen. Auf einem Röntgenbild war eine Aufhellungslinie zu erkennen, die nach Auffassung des vom Gericht beauftragten Sachverständigen eine Fissurlinie war. Der Tierarzt hatte diesen Befund nicht erkannt. Er hatte gegenüber dem Eigentümer geäußert, keine Fissur zu sehen, sie aber auch nicht ausschließen zu können. Deswegen hatte er empfohlen, das Pferd zur näheren Abklärung in der Klinik zu belassen. Er hatte auch darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht sinnvoll sei, das Pferd über eine längere Strecke zu transportieren. Der Kläger hatte sich über die Empfehlung des Tierarztes hinweggesetzt, das Pferd über eine Entfernung von mehr als 100 km in den Heimatstall transportiert, und zur Begründung angeführt, dass der Tierarzt ja eben keine Fissur festgestellt habe. Ihm sei allerdings klar gewesen, dass bei Vorhandensein einer Fissur das Risiko einer Fraktur der Gliedmaße bestehe. Genau dieses Risiko hatte sich dann verwirklicht.

Die Rechtslage

Das OLG meinte, dass auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens davon auszugehen sei, dass der Tierarzt eine Fissurlinie hätte erkennen müssen. Insoweit sei daher von einem Diagnosefehler auszugehen. Grundsätzlich kam diese Fissur auch als Ursache für die nach dem Transport aufgetretene Fraktur in Betracht. Allerdings sah das Gericht keine Veranlassung, sich mit der Frage des ursächlichen Zusammenhangs näher auseinander zu setzen.

Die Klage scheiterte letztlich daran, dass der Kläger sich über den Rat des Tierarztes, das Pferd in der Klinik zur weiteren Untersuchung zu belassen, hinweggesetzt hatte. Da der Kläger selbst wusste, dass bei Vorhandensein einer Fissur das Risiko bestand, dass eine Fraktur entstehen könnte, hätte er nach Auffassung des OLG von einem Transport absehen müssen. Das Eigenverschulden des Klägers wog nach Ansicht des Gerichts umso schwerer, als der Tierarzt ausdrücklich einen Fissurverdacht nicht ausgeschlossen hatte.

Fazit

Die Klage hatte letztlich in zwei Instanzen keinen Erfolg. Das Nichterkennen einer möglichen Fissur hatte daher für den Tierarzt keine haftungsrechtlichen Konsequenzen. Die Entscheidung verdient im Ergebnis sicherlich Zustimmung, sie erweist sich als lebensnah und praxisorientiert.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte/Fachanwälte

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