Keine Tierhalterhaftung bei Eigenverschulden des Reiters

Erschienen am 19.12.2019

Grundsätzlich hat der Halter eines Pferdes für jeden Schaden zu haften, den sein Pferd aufgrund seiner Unberechenbarkeit anrichtet. Diese Haftung allerdings entfällt, wenn den geschädigten Reiter ein Verschulden trifft.

Ein Beispielsfall

Der Beklagte eines Rechtsstreits war Halter und Eigentümer einer Stute. Die Klägerin hatte kein eigenes Pferd, aber die Einwilligung des Pferdehalters, sein Pferd reiten oder auch longieren zu dürfen. Am Tag des Unfalls, der später Gegenstand eines Rechtsstreits wurde, hatte die Klägerin das Pferd zunächst von der Weide geholt und dabei bereits eine Unruhe festgestellt. Beim anschließenden Longieren ist das Pferd gestiegen. Die Klägerin versuchte krampfhaft, die Longe festzuhalten, erlitt dann aber eine Verletzung im Bereich der Schulter durch einen heftigen Ruck, den das Pferd auf die Longe ausführte.

Sie machte dann Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegenüber dem Tierhalter geltend.

Das Gericht

Das mit dem Fall befasste Landgericht (LG) hob hervor, dass grundsätzlich eine Haftung des Tierhalters in Betracht komme, weil der für jeden Schaden einzutreten hat, der sich aufgrund der Realisierung der vom Pferd ausgehenden Tiergefahr einstellt. Zweifelsfrei hat sich in dem wilden Verhalten des Pferdes an der Longe diese Tiergefahr ausgewirkt.

Allerdings vertrat das Gericht die allgemein von der Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassung, dass eine Reiterin, der ein Pferd zur Nutzung überlassen wird, als Tierhüterin anzusehen ist. Die hat dann entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 834 BGB nachzuweisen, dass sie bei der Beaufsichtigung des Pferdes die gebotene Sorgfalt beachtet hat.

Diesen Beweis konnte die Klägerin in dem Rechtsstreit nicht erbringen. Das Gericht war der Auffassung, dass die Klägerin fahrlässig gehandelt habe, weil sie in der konkreten Situation die Longe hätte loslassen müssen. Wegen des Kräfte-Verhältnisses zwischen der Longenführerin und dem Pferd hätte es nahegelegen, sich nicht auf die Auseinandersetzung mit dem Pferd einzulassen, um von sich selbst Schaden abzuwenden.

Das Gericht hatte dann noch eine Abwägung zwischen der Haftung des Pferdehalters und dem Eigenverschulden der Klägerin vorzunehmen. Insoweit sei zu berücksichtigen - so das LG -, dass der beklagte Halter des Pferdes aufgrund einer reinen Gefährdungshaftung in Anspruch zu nehmen wäre, während ein Verschulden seinerseits nicht festzustellen sei. Es sei weiterhin zu berücksichtigen, dass die Klägerin das Pferd im eigenen Interesse genutzt hat und zum Zeitpunkt des Schadenseintritts die alleinige Einwirkungsmöglichkeit auf das Pferd innehatte.

Fazit

Letztlich wurde die Klage abgewiesen, weil die vom Gericht vorzunehmende Abwägung dazu führte, dass das Eigenverschulden der Klägerin die mögliche Haftung des beklagten Pferdehalters zurückdrängte.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte/Fachanwälte

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