Nacherfüllung durch Ersatzlieferung beim Auktionskauf?

Erschienen am 02.09.2019
 

 

Der Rechtsstreit um einen anlässlich des Trakehner Hengstmarktes erworbenen hochpreisigen Junghengst hat in der Fachpresse viel Beachtung gefunden. Ob die Entscheidung aus rechtlicher Sicht bedeutsam ist, erscheint eher fraglich.

Der Grundsatz

Will der Käufer eines Pferds Ansprüche geltend machen, so gilt - wie im allgemeinen Kaufrecht - der Grundsatz, dass vor einem Rücktritt vom Vertrag dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben ist. Das Gesetz räumt dem Käufer ein Wahlrecht dahingehend ein, alternativ die Beseitigung des Mangels oder aber die Lieferung eines vergleichbaren mangelfreien Pferdes zu verlangen.

Ist der Mangel nicht behebbar, kommt nur die zweite Alternative in Betracht. Tatsächlich wurde von einigen Gerichten dem Pferdekäufer zugemutet, sich auf eine Ersatzlieferung einzulassen. Allerdings ist sehr umstritten, unter welchen Voraussetzungen der Käufer gezwungen ist, vor einem Vertragsrücktritt dem Verkäufer Gelegenheit zur Ersatzlieferung einzuräumen.

Der BGH

Zweifellos zumutbar ist eine Ersatzlieferung dann, wenn Pferde ohne Besichtigung „im Paket" gekauft werden. In der Praxis kommt eine solche Konstellation dann vor, wenn es sich um Schul-, Schlacht- oder aber Freizeitpferde im niedrigsten Preissegment handelt. Üblicherweise aber entscheidet sich der Käufer eines Pferdes nach Besichtigung und reiterlicher Erprobung. Dann handelt es sich um einen „Stückkauf". Dazu hat der Bundesgerichtshof (BGH) schon mehrfach den Grundsatz aufgestellt, dass selbst bei Erwerb eines Gebrauchtfahrzeuges nach Besichtigung und Probefahrt eine Ersatzlieferung für den Käufer nicht zumutbar ist, weil es bei einem Ersatz an der notwendigen Vergleichbarkeit fehlt. Das dürfte erst recht für ein Pferd gelten, dessen individuelle wertbildenden Faktoren und Eigenschaften die Grundlage für die Kaufentscheidung waren. Das sieht der BGH genauso und meint, eine Ersatzlieferung komme beim Pferdekauf nur dann in Betracht, wenn aus den Vertragsverhandlungen abzuleiten sei, dass beide Vertragsparteien, also auch der Käufer, als Nacherfüllung eine Ersatzlieferung in Betracht ziehen würden.

Auktionskauf

Ob beim Kauf über eine öffentliche Versteigerung der Verkäufer wegen eines Mangels überhaupt in Anspruch genommen werden kann, richtet sich primär nach den Auktionsbedingungen. Ist danach die Haftung nicht oder nicht wirksam ausgeschlossen, wäre tatsächlich dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Allerdings hat es bei dem Wahlrecht des Verkäufers zu verbleiben, sich für die Beseitigung eines festgestellten Mangels oder eine Ersatzlieferung zu entscheiden.

Ist der Mangel nicht behebbar, weil beispielsweise die Ursache einer Lahmheit ein Röntgenbefund ist, muss sich der Verkäufer des Pferdes generell nicht auf eine Ersatzlieferung einlassen. Das Landgericht Kiel war insoweit anderer Auffassung. Zur Begründung hat es darauf abgestellt, dass der Erwerber des Junghengstes das Pferd für seine gewerblich geführte Hengsthaltung erworben habe. Da das geschäftliche Interesse im Vordergrund stehe, komme auch ein Tauschpferd in Betracht. Diese Rechtsauffassung deckt sich weder mit derjenigen des BGH noch der Gesetzeslage. Der Ersteigerer hat sich nach dem vom LG Kiel wiedergegebenen Sachverhalt das Pferd eingehend angeschaut, hat in die tierärztlichen Unterlagen Einsicht genommen und danach das Pferd auch noch durch seinen Vertrauenstierarzt besichtigen lassen. Er hat sich auf der Grundlage des persönlich gewonnenen Eindrucks, der individuell zu dem Pferd passenden Informationen zum Gesundheitszustand, seiner Einschätzung von Exterieur, Interieur, Qualität der Grundgangarten, Ausstrahlung und Abstammung zum Kauf entschieden. Es handelte sich insoweit typischerweise um einen Stückkauf, bei dem individuelle wertbildende Faktoren für die Kaufentscheidung maßgeblich waren. In einem solchen Fall ist nach der Rechtsprechung eine Fristsetzung zur Nachlieferung entbehrlich, weil ein Tauschpferd für den Käufer nicht zumutbar ist.

Fazit

Generell kann davon ausgegangen werden, dass sich der Käufer nach Besichtigung und erst recht nach reiterlicher Erprobung eines Pferdes nicht auf eine Ersatzlieferung einlassen muss.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte/Fachanwälte

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