Wissenswertes: Verbraucherwiderruf beim Pferdekauf

Erschienen am 05.12.2025

Das Gesetz sieht für Verbraucher neben Anfechtung und Rücktritt eine weitere, deutlich niedrigschwelligere Möglichkeit vor, sich vom Vertrag zu lösen: das Widerrufsrecht. Dessen folgenschwere Bedeutung für den -jedenfalls uninformierten- gewerblichen Pferdeverkäufer verdeutlicht ein aktuellen Urteil des Landgerichts Lüneburg.

Der Sachverhalt

Eine Freizeitreiterin hatte im Internet ein Kaufgesuch geschaltet, in dem sie unter Angabe konkreter Kriterien ihr Interesse am Kauf eines Fjordpferdes bekundete. Daraufhin meldete sich telefonisch die spätere Beklagte und bot der Inserentin einen jungen Fjordhengst an. Die Parteien wurden sich darüber einig, dass die -später vom Gericht als Unternehmerin angesehene- Verkäuferin das Pferd nach Vertragsschluss noch in ihrer Obhut kastrieren lässt und einen Monat später an die Käuferin übergibt. Am vorgesehenen Übergabezeitpunkt verweigerte die Käuferin die Abnahme des Pferdes, weil das eine geringfügige Wundheilungsstörung erlitten hatte, die sie für noch nicht hinreichend verheilt hielt. Die Käuferin erklärte schließlich den Widerruf des Kaufvertrags und verfolgte klageweise die Rückzahlung einer geleisteten Kaufpreisanzahlung, die Verkäuferin beantragte wiederum im Wege der Widerklage die Abnahme des Pferdes durch die Klägerin.

Grundsätzliches

Das Gesetz räumt Verbrauchern u.a. beim Abschluss von Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht ein, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die gekaufte Ware im Vorfeld nicht geprüft oder ausprobiert werden konnte. Es berechtigt den Käufer zur Rückabwicklung des Vertrags ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen ab Erhalt der Ware. Voraussetzung ist, dass der Vertragsschluss ausschließlich unter Verwendung von sog. Fernkommunikationsmitteln zustande kam, etwa telefonisch oder per E-Mail, und der Unternehmer organisatorisch auf den Fernabsatzmarkt eingerichtet ist, es sich also nicht um ein zufällig fernmündlich zustande gekommenes Geschäft handelt.

Die Entscheidung

Das Landgericht Lüneburg kam zum Ergebnis, der Kaufvertrag sei von der Käuferin wirksam widerrufen worden und gab der Klage daher statt. Dass der Vertragsschluss im konkreten Einzelfall eher zufällig ausschließlich telefonisch erfolgt war, weil die Käuferin nämlich auf eigenen Wunsch hin auf einen Besichtigungstermin verzichtet hatte, beurteilte das Gericht insoweit nicht als Hindernis. Für das erforderliche „Fernabsatzbetriebssystem“ der Beklagten sei nämlich ausreichend, dass die in der jüngeren Vergangenheit wiederholt Pferde zur Gewinnung von Kaufinteressenten online inseriert hatte. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte ihre Pferde üblicherweise erst nach dem Ausprobieren durch den jeweiligen Interessenten verkauft.

Die Widerklage der Beklagten wurde in der Konsequenz abgewiesen, das entsprechend klägerseitigem Wunsch kastrierte Fjordpferd verblieb also bei ihr, die Kaufpreisanzahlung musste an die Klägerin rückgezahlt werden.

Die Quintessenz

Die im dargelegten Prozess verklagte Verkäuferin hätte sich bei vorvertraglicher Kenntnis der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gegen den klägerischen Widerruf schützen können. Wer nämlich eine maßangefertigte Sache verkauft, mithin auch ein auf Käuferwunsch kastriertes Pferd, kann grundsätzlich das Widerrufsrecht ausschließen. Darüber hat der gewerbliche Verkäufer allerdings den Verbraucher vor Vertragsschluss ausdrücklich zu informieren, was vorliegend nicht geschehen ist. Gleiches gilt im Übrigen für die zweiwöchige Widerrufsfrist, die sich mangels entsprechender Belehrung um ein Jahr verlängert hat.

Tara Plewa (Rechtsanwältin)

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