Ein Pferdetritt mit fataler Folge
Erschienen am 05.09.2025

Das -insbesondere ungewollte- Aufeinandertreffen mehrerer Pferde birgt erhebliche Risiken. Wird dabei ein Tier durch einen Artgenossen verletzt, stellt sich mitunter die juristische Frage nach dem Mitverursachungsbeitrag des geschädigten Pferdes.
Der Sachverhalt
Die spätere Beklagte besuchte mit ihrem vierjährigen Wallach für ein erstes Auswärtstraining die klägerische Anlage. Beim Versuch, ihr Pferd auf der Stallgasse aufzuzäumen, entwich der Wallach und lief in den Laufstall an deren Ende. Die Boxentür stand offen, weil zur gleichen Zeit die Heufütterung stattfand. Das Pferd der Beklagten gelang in die Laufbox und trat eine dort befindliche Stute des Klägers so massiv, dass die infolge einer offenen Röhrbeinfraktur geschlachtet werden musste. Der Kläger nahm die Beklagte daraufhin auf Schadensersatz in Anspruch. Die wiederum wandte u.a. ein, der Beklagte habe sich ein erhebliches Mitverschulden anrechnen zu lassen.
Grundsätzliches
Kommt beim Zusammentreffen mehrerer Pferde eines der Tiere zu Schaden, hat sich dessen Halter grundsätzlich die seinem eigenen Pferd innewohnende Gefahr anrechnen zu lassen. Das gilt insbesondere bei vom Halter gebilligten, allerdings auch bei bloß zufälligen Pferdebegegnungen. Die Rechtsprechung legt insoweit regelmäßig einen pauschalen Mitverursachungsbeitrag von 50 Prozent zugrunde, von dem im Einzelfall abgewichen werden kann, wenn etwa die Größenverhältnisse der beteiligten Pferde deutlich voneinander abweichen oder ein Verursachungsbeitrag erkennbar überwiegt.
Die Entscheidung
Das Landgericht Bad Kreuznach hielt die Klage für begründet, weil die Beklagte im Rahmen der Tierhalterhaftung für den von ihrem Pferd verursachten Schaden haftet. Da es sich insoweit um eine sog. Gefährdungshaftung handelt, kam es auf ein etwaiges Verschulden der Beklagten nicht an. Ein Mitverschulden des Klägers oder dessen Mitarbeiters erkannte das Landgericht dabei nicht. Das Offenstehen der Tür zum Laufstall sei während der Heufütterung nicht zu beanstanden. Auch ein Mitverursachungsbeitrag der verletzten Stute wurde vom Gericht ausnahmsweise verneint. Das dem klägerischen Pferd innewohnende Gefahrenpotential habe sich nämlich bei dem Schadensereignis nicht verwirklicht, weil insoweit die bloße körperliche Anwesenheit nicht ausreiche.
Die erstinstanzliche Entscheidung wurde später durch das Oberlandesgericht Koblenz bestätigt, das eine Mitverursachung der Stute wegen ihrer Passivität während des Schadenshergangs ebenfalls ablehnte. Die Beklagte hatte daher dem Kläger den durch einen gerichtlich beauftragten Sachverständigen begutachteten Wert des zu Schaden gekommenen Pferdes zu erstatten.
Fazit
Die Entscheidungen verdeutlichen, dass eine pauschale Anrechnung der Tiergefahr eines durch einen Artgenossen verletzten Pferdes nicht zwangsläufig stattfindet, sondern vielmehr vom Einzelfall abhängt.
Tara Plewa
Rechtsanwältin