Rechtsfragen: Ein folgenreicher Ausritt
Erschienen am 08.08.2025

Dass Ausritte nicht nur mit Gefahren für den Reiter, sondern auch für das Pferd selbst verbunden sind, zeigt ein Fall, über den das Amtsgericht Aalen im Frühjahr dieses Jahres zu entscheiden hatte. Dabei spielte insbesondere die Frage eines etwaigen Mitverschuldens der Geschädigten eine wesentliche Rolle.
Der Sachverhalt
Eine Gruppe von drei Reiterinnen hat mit ihren Pferden einen Ausritt ins Gelände unternommen. Dabei ritt die Reitlehrerin voraus, dahinter die Klägerin und an letzter Stelle die Beklagte. Beim Übergang vom Trab in den Galopp machte das Pferd der Beklagten einen Satz nach vorne und traf dabei, weil der erforderliche Sicherheitsabstand nicht eingehalten worden war, das klägerische Pferd. Das erlitt an seiner Hintergliedmaße, zumal die nicht durch eine Gamasche geschützt war, eine Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung der Beklagten regulierte außergerichtlich bereits 70 Prozent des geltend gemachten Schadens, der im Wesentlichen Tierarztkosten und den erlittenen Wertverlust umfasste. Gerichtlich machte die Klägerin den noch offenen Schadensanteil geltend, der von der Versicherung wegen eines behaupteten Mitverschuldens der Klägerin abgezogen worden war.
Grundsätzliches
Jedem Geschädigten obliegt die Verantwortung, sich selbst vor etwaigen Schäden zu bewahren. Kommt er dieser nicht nach und hat sich daher eine Mitverursachung des Schadens zurechnen zu lassen, trifft ihn das sogenannte Mitverschulden. Das wird üblicherweise mit einer Quote bestimmt und ist vom durch den Schädiger zu regulierenden Schadensbetrag grundsätzlich abzuziehen. Im Rahmen der Tierhalter- als Gefährdungshaftung gilt insoweit eine Besonderheit, als dem Halter eine Mitverursachung seines Tiers und die von ihm ausgehende Tiergefahr verschuldensunabhängig angerechnet werden.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht Aalen gab der Klage vollumfänglich statt. Es ging einerseits von einer deliktischen Haftung der Beklagten aus, weil die nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand zum vorausgehenden Pferd eingehalten hatte. Daneben trat außerdem ihre Haftung als Tierhalterin des schadensverursachenden Pferdes, weil sich in dessen Sprung nach vorne die typische Tiergefahr verwirklicht habe.
Ein Mitverschulden der Klägerin erkannte das Gericht demgegenüber nicht. Weder sei der Klägerin ein Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen, weil ihr nicht die Einflussnahme auf den Sicherheitsabstand zum Pferd der Beklagten oblegen habe; noch sei die Klägerin zum Anlegen von Hinterbeingamaschen verpflichtet gewesen, weil das nach den Ausführungen der Sachverständigen im Hobbybereich nicht erforderlich sei und im Wesentlichen dem Schutz vor Eigenverletzungen diene. Auch die Tiergefahr des klägerischen Pferdes sei nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen, weil der als bloßer Gefährdungshaftung gegenüber der deliktischen Verschuldenshaftung der Beklagten keine Bedeutung zukomme.
Fazit
Wer sich Gefahrenquellen aussetzt, sollte die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um etwaige Schadensersatzansprüche nicht um den eigenen Mitverschuldensbeitrag kürzen lassen zu müssen. Das behandelte Urteil verdeutlicht allerdings, dass die Rechtsprechen insoweit von durchaus praktikablen Anforderungen an die einzuhaltenden Sorgfaltspflichten ausgeht.
Tara Plewa
Rechtsanwältin