Rechtsprechung: Anforderungen an den Unternehmerbegriff

Erschienen am 05.06.2024

In der Rechtskundereihe sind wiederholt gerichtliche Entscheidungen behandelt worden, in denen die große Bedeutung der Frage beschrieben wurde, ob der Verkäufer Unternehmer ist, wenn er ein Pferd an einen Verbraucher verkauft hat. Ganz wesentlich ist dabei die Rechtsfolge der Anwendbarkeit des § 477 BGB.

Die Beweisvermutung

Grundsätzlich ist ein Mangel nur dann ein Grund für einen Rücktritt, wenn er bei Gefahrübergang, also bei der Übergabe des Pferdes, vorliegt. Weil der Käufer des Pferdes aus der Feststellung eines Mangels Rechte zulasten des Verkäufers herleiten will, also einen Anspruch seinerseits geltend macht, trägt er generell auch die Beweislast dafür, dass der Mangel vorhanden war. Von diesem Grundsatz gibt es eine maßgebliche Ausnahme, nämlich die Beweisvermutung in der erwähnten Vorschrift (§ 477 BGB). In der es heißt, dass das Vorliegen des Mangels zum Zeitpunkt des Gefahrüberganges vermutet wird, wenn sich eine Mangelerscheinung innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang gezeigt hat. Diese Beweiserleichterung gilt ausschließlich für den Verbrauchsgüterkauf, also für den Verkauf von Unternehmer an einen Verbraucher.

Für die Rechtsstreitigkeiten oftmals von entscheidender Bedeutung ist deswegen die Frage, ob die Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs vorliegen, insbesondere maßgeblich die Frage, ob der Verkäufer bei der Veräußerung des Pferdes unternehmerisch gehandelt hat.

Die gesetzlichen Anforderungen

Nach § 14 BGB ist Unternehmer eine Person, die bei Abschluss des Kaufvertrages in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Im Gesetz ist nicht geregelt, welchen Umfang die gewerbliche Tätigkeit haben muss, um den Verkäufer eines Pferdes als Unternehmer bezeichnen zu können. Nicht zwingend muss es der Hauptberuf des Verkäufers sein, mit Pferden zu handeln. Es reicht beispielsweise auch eine nebenberufliche unternehmerische Tätigkeit aus. Maßgebend ist nach einschlägigen Urteilen die objektiv zu bestimmende Zweckrichtung des Rechtsgeschäfts. Es kommt nicht einmal darauf an, ob der Pferdeverkauf darauf ausgerichtet ist, Gewinne zu erzielen. Es muss sich aber um ein selbstständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten von Pferden am Markt handeln.

Konkrete Zahlen enthalten dazu die gerichtlichen Entscheidungen leider nicht. Es gibt also beispielsweise keine Drei-Objekt-Regel, wonach bei einem Verkauf von drei Pferden pro Jahr von einer unternehmerischen Tätigkeit auszugehen wäre.

Ein Beispielsfall

Die Klägerin eines vor dem Landgericht Münster entschiedenen Rechtsstreits, eine Hobbyreiterin, hat den Verkäufer eines Pferdes auf Rückabwicklung verklagt, weil nach Übergabe innerhalb von sechs Monaten Anzeichen eines equinen Asthmas festgestellt worden waren. Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung hatte das Pferd beanstandungsfrei passiert, also ohne Hinweis auf eine Bronchial- oder Lungenerkrankung.

Entscheidend für den Rechtsstreit war die Frage, ob der Käuferin die erwähnte Beweisvermutung zugutekommt. Sie hat nachweisen können, dass sich die Symptome der Erkrankung innerhalb von sechs Monaten gezeigt haben. Danach würde bei einem Verbrauchsgüterkauf vermutet, dass die Erkrankung bei Übergabe bereits vorlag. Der Beklagte müsste dann den Beweis führen, dass die Erkrankung zu dem Zeitpunkt nicht einmal angelegt war. Dieser Beweis ist bei equinem Asthma in der Regel nicht zu führen, weil eine spezifische Untersuchung auf das Nichtvorhandensein nicht Bestandteil einer Ankaufsuntersuchung ist.

Der Beklagte war nicht nur Züchter des verkauften „Streitpferdes“, hatte vielmehr neben seinem Hauptberuf als Handwerker über bereits rund 25 Jahre Pferde gezüchtet und über einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren ein bis zwei Pferde pro Jahr gezüchtet, aufgezogen und verkauft. Das mit der Sache befasste Landgericht sah darin eine unternehmerische Tätigkeit. Sie war objektiv darauf ausgerichtet, das Zuchtprodukt zu verkaufen. Die Tätigkeit des Züchtens wurde über einen nicht nur kurzen Zeitraum betrieben. Zudem war der Beklagte nach außen hin über mehrere Jahre als Anbieter von eigenen Zuchtprodukten am Markt in Erscheinung getreten.

Fazit

Der Beklagte wurde letztlich verurteilt, weil von einem Verbrauchsgüterkauf ausgegangen wurde. Zu seinen Lasten wurde die erwähnte Beweisvermutung angewendet. Den Beweis, dass der Mangel bei Gefahrübergang nicht vorhanden, auch nicht angelegt war, hatte er nicht führen können.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt / Fachanwalt

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