Rechtskunde für ReiterInnen und RichterInnen

Erschienen am 06.02.2024

Zum 01.01.2024 ist die neue Fassung der LPO in Kraft getreten. Sie räumt den tierschutzrechtlichen Aspekten einen höheren Stellenwert ein. In diesem Beitrag sollen Rechte und Pflichten von Reitern und Richtern beleuchtet werden.

Die Grundlagen

In den „Ethischen Grundsätzen des Pferdefreundes“ sind Forderungen formuliert, die den Umgang mit dem Pferd allgemein, aber auch in den Bereich sportlicher Nutzung betreffen. Sie sind daher auch Grundlage der LPO, des Regelwerkes für den gesamten Turniersport. Es heißt darin, dass bei der Nutzung des Pferdes seiner Veranlagung, seinem Leistungsvermögen und seiner Leistungsbereitschaft Rechnung zu tragen ist. Von grundsätzlicher Bedeutung für den Sport ist der Grundsatz, dass die Beeinflussung des Leistungsvermögens durch medikamentöse sowie nicht pferdegerechte Einwirkung des Menschen abzulehnen ist und geahndet werden muss! Das bedeutet, dass es im Reitsport für die Einhaltung der verbandsrechtlich geschaffenen Ge- und Verbote keinen Ermessensspielraum gibt! Sind also Anzeichen dafür erkennbar, dass die Gesundheit eines Pferds beeinträchtigt oder dass das Leistungsvermögen durch tierschutzwidrige Beeinflussung manipuliert ist, sind die nach der LPO verantwortlichen Personen zum Einschreiten verpflichtet. Dieser Personenkreis umfasst die Turnierleitung, den Vertreter der Landeskommission (LK), bei Bundesveranstaltungen den Vertreter der FN und die Richter. Die Verpflichtungen der Turnierleitung und des LK-Vertreters umfasst im Sinne der Gesundheitsvorsorge für das Pferd und die Reiter eine Überprüfung der Bodenverhältnisse eines Turniergeländes. Bei Bedarf sind Änderungen zu veranlassen oder aber der Abbruch einer Prüfung oder gar des gesamten Turnieres anzuordnen.

Die Turnierleitung

Der LK-Vertreter trägt nicht alleine die Verantwortung, vielmehr ist auch die Turnierleitung für den ordnungsgemäßen Ablauf der Veranstaltung verantwortlich, § 39 Z. 2 LPO. Sie hat nicht nur das Hausrecht, sondern auch die Befugnis, einen Besucher, Besitzer oder Reiter „des Platzes zu verweisen“, wenn ein ordnungsgemäßer Ablauf des Turnieres gestört wird. Darunter ist auch ein nicht tierschutzgerechtes Verhalten gegenüber dem Pferd zu verstehen. Das ist nämlich mit den ethischen Grundsätzen unvereinbar und zudem geeignet, den Ruf des Pferdesports nachhaltig zu schädigen. Der Platzverweis kann auch durch einen Richter ausgesprochen werden. Er hat nicht zu befürchten, sich danach einem Disziplinarverfahren ausgesetzt zu sehen, weil gegen eine Maßnahme wie den Platzverweis ein Einspruch nicht zulässig ist. Es kann vielmehr gegen den Betroffenen auch noch ein Ordnungsverfahren eingeleitet werden. 

Unsportliches Verhalten

Dem Bewusstsein, dass die Reiterei unter kritische Beobachtung durch die Öffentlichkeit steht, ist die Neufassung des § 52 Z.2 LPO geschuldet, selbstverständlich auch dem Tierwohl.  Für alle Beteiligten, also Ausbilder, Reiter, Pfleger und Besitzer gilt, dass sie sich auf dem gesamten Turniergelände sportlich-fair zu verhalten haben. Für den Reiter gilt dabei insbesondere, dass er auf das Pferd nicht grob oder aggressiv einwirken darf, und zwar weder durch Gerten- oder Sporeneinsatz oder auch nur durch groben Zügelanzug! Für die Springreiter gilt, dass es mit dem Gebot fairer Haftung gegenüber dem Pferd nicht zu vereinbaren ist, wenn unzulässige Hilfsmittel verwendet werden oder aber schon in der Vorbereitung beim Aufbau der Hindernisse auf dem Abreiteplatz oder der Überwindung Regelverstöße begangen werden.

Richter am Abreiteplatz

Gerade insoweit kommt dem Richter am Abreiteplatz eine besondere Bedeutung zu. Er hat schon bei dem Verdacht auf unsportliches Verhalten einzuschreiten. Auf dem Prüfungsplatz ist diese Verpflichtung von den Richtern wahrzunehmen, auf dem übrigen Turniergelände einschließlich Stallzelt von der Turnierleitung. Etabliert in der LPO ist eine Art der „gelben Karte“ und zwar in der Form einer mündlichen Rüge, die als Abmahnung zu verstehen ist. Verstößt der Reiter erneut gegen das Gebot zur sportlich-fairen Haltung, kann die Aufsicht den Teilnehmer von der Prüfung ausschließen, ihm also eine „rote Karte“, deren Verwendung grundsätzlich die LPO als Möglichkeit vorsieht. Auch gegen diese Art des Einschreitens einschließlich des Ausschlusses von einer Prüfung gibt es keinen Rechtsbehelf!

Unzureichende Leistung

Zu unterscheiden von Verstößen gegen die sportlich-faire Haltung, insbesondere gegenüber dem Pferd, aber auch gegenüber Mitbewerbern, sind die Maßnahmen, die dann ergriffen werden können, wenn eine Prüfung qualitativ so schlecht ist, dass sie schlechterdings nicht bewertet werden kann. Die kann der Richter „ohne Wertung“ lassen und diese Worte dann auch auf dem Protokoll vermerken.

Überschneidend insbesondere mit tierschutzwidrigem Verhalten gegenüber dem Pferd ist oftmals die Beobachtung, dass sich während einer Dressurprüfung zeigt, dass keinerlei Aussicht auf eine Platzierung besteht, weil entweder Pferd und/oder Reiter nicht annährend dem geforderten Ausbildungsstand entsprechen oder aber die Abwehrhaltung des Pferdes den Reiter gefährden könnte. in diesem Fall gibt § 58 Z. 6 LPO dem Richter die Möglichkeit, „auf vorzeitige Beendigung“ der Prüfung zu entscheiden.

Fehlende Teilnahmeberechtigung  

Sehr großzügig wurde in der Vergangenheit mit Pferden von Teilnehmern umgegangen, die nicht den vorgeschriebenen Impfschutz hatten. Das ist mit § 66 Z. 1.7 nicht vereinbar. Es hat, ohne dass es eine Alternative gibt, ein Ausschluss zu erfolgen. Dasselbe gilt für Pferde, die ersichtlich krank sind oder Zeichen einer ansteckenden Krankheit aufweisen. Unverändert gilt auch das Startverbot für Pferde nach Nervenschnitt (Neurektomie) und solche, die einer angeordneten Medikations- oder Fitnesskontrolle entzogen werden.

Der Kriterienkatalog

In der neuen LPO gibt es einen Anhang, in welchem die Kriterien beispielhaft aufgeführt sind, die bei der Beurteilung des Verhaltens von Reitern und des Befindens von Pferden auf dem Vorbereitungsplatz anzulegen sind. Darin werden bestimmte Umstände beschrieben, die entweder als pferdegerecht, als auffällig oder als nicht pferdegerecht aufgeführt sind: So heißt es darin beispielhaft, dass ein Pferd mit harmonisch pendelndem, leicht und frei getragenem Schweif keinen Handlungsbedarf des aufsichtführenden Richters begründet. Dagegen soll ein ständiges und heftiges Schweifschlagen oder ein deutlich eingeklemmter Schweif zum sofortigen Eingreifen führen. Das würde bedeuten, dem Reiter gegenüber zunächst eine Rüge auszusprechen, falls die keinen Erfolg hat, den Ausschluss von der Prüfung zu verfügen! Dieselbe Konsequenz hätte die Beobachtung des Richters am Abreiteplatz, dass bei einem Pferd eine gestörte Durchblutung der Zunge (z. B. abgeklemmt/blau angelaufen), ein andauernd extrem offenes Maul in Verbindung mit Zügeleinwirkung und/oder die Zunge über dem Gebiss liegend beobachtet wird. Ob der Kriterienkatalog in der Praxis realisierbar ist, mag bezweifelt werden. Insoweit ist die zukünftige Entwicklung abzuwarten.

Das Tierwohl

Die LPO 2024 lenkt das Augenmerk des Turnierveranstalters, des LK-Vertreters und der Richter auf das Tierwohl. Dem Ziel, der Reiterei im Hinblick auf den Tierschutz ein besseres Image zu verleihen, wird der Turniersport nur gerecht werden können, wenn die notwendige Courage aufgebracht wird, die von der LPO vorgegebenen Möglichkeiten der Reaktion oder auch Ahndung auszunutzen.

Dr. Plewa
Rechtsanwalt/Fachanwalt

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