Rechtsfragen: Aufklärungspflicht des Verkäufers

Erschienen am 19.12.2023
 

In einigen digital angebotenen Kaufvertragsformularen findet sich die Frage nach Vorerkrankungen. In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, welche Aufklärungspflicht sich daraus für den Verkäufer ergibt.

Beschaffenheitsvereinbarung

In den Formularverträgen ist die Frage „hatte das Pferd Krankheiten?“ üblicherweise unter dem Abschnitt „gesundheitliche Beschaffenheit“ zu finden. Der Begriff der Beschaffenheitsvereinbarung umfasst insbesondere die subjektiven Anforderungen, die der Käufer an das Pferd stellt, und auch die Zustimmung des Verkäufers. Nach § 434 BGB ist maßgeblich grundsätzlich für die vertragliche Beschaffenheit der Zeitpunkt des Gefahrüberganges. Hatte das Pferd also beispielsweise ein oder mehrere Jahre vor dem Verkauf einen Fesselträgerschaden, der bei Vertragsabschluss ausgeheilt ist, könnte man annehmen, dass die inzwischen symptomfreie Vorerkrankung nicht zu erwähnen sei.

Zur vereinbarten Beschaffenheit gehörten grundsätzlich aber auch alle Umstände, welche die Historie des Pferdes betreffen und nach dem erklärten Willen des Käufers wesentlich für den Vertragsabschluss sein sollen. Daraus leitet die Rechtsprechung die Verpflichtung des Verkäufers ab, auch Erkrankungen zu erwähnen, die klinisch nicht mehr relevant sind. Kommt der Verkäufer dieser Aufklärungspflicht nicht nach, ist von arglistiger Täuschung auszugehen wegen Verschweigens verkehrswesentlicher Eigenschaften.

Die Aufklärungspflicht 

Wird die Frage nach eventuellen Vorerkrankungen nicht im Rahmen der gesundheitlichen Beschaffenheit des Pferdes erörtert und/oder im Vertrag unter dem Stichwort „Beschaffenheitsvereinbarung“ erwähnt, stellt sich das rechtliche Problem, ob klinisch nicht mehr relevante Befunde erwähnt werden müssen. 

Ein Beispielsfall 

Der Käufer und Eigentümer eines Fohlens hat den Aufzuchtbetrieb auf Schadensersatz in Anspruch genommen mit der Begründung, dass ein bei dem Fohlen vorhandener Bockhuf nicht rechtzeitig erkannt und korrigiert worden sei. Im Verlaufe des Rechtsstreits, als das Pferd zwischenzeitlich drei Jahre alt war, hatte ein Sachverständiger die Frage zu beantworten, ob tatsächlich eine abnorme Hufform festzustellen und evtl. hätte rechtzeitig korrigiert werden können. Der Gutachter aber konnte keine von der Norm abweichenden Befunde bzgl. der Hufe des Pferdes bestätigen. Die Schadensersatzklage hatte daher keinen Erfolg.

Einige Zeit später hat der Eigentümer das Pferd verkauft. Bei der tierärztlichen Kaufuntersuchung ergab sich wiederum kein Hinweis auf eine abnorme Hufform, sodass die auch nicht dokumentiert wurde im Protokoll der Kaufuntersuchung. Der Käufer allerdings hatte dann auch Umwegen erfahren, dass vormals von der Verkäuferin geltend gemacht worden war, dass das Pferd eine abnorme Hufform hatte, über die der Käufer hätte aufklären müssen. Der Verkäufer hielt dem entgegen, dass in dem von ihm geführten Prozess kein Bockhuf – mehr – festgestellt wurde und dass das Pferd auch ohne entsprechenden Befund die Ankaufsuntersuchung passiert hatte.

Im vom Käufer angestrebten Prozess hat das mit dem Fall befasste Landgericht den Eigentümer verurteilt zur Rücknahme des Pferdes. Zur Begründung wurde angeführt, dass es sich bei der abnormen Hufform um eine „Krankheit“ handele und das daher die Frage nach Vorerkrankungen im schriftlichen Kaufvertrag nicht habe verneint werden dürfen. Darin sah das Gericht eine arglistige Täuschung.

Fazit

Der Beispielfall zeigt, dass an die Aufklärungspflicht des Verkäufers im Einzelfall recht strenge Anforderungen gestellt werden. Es mag daher empfehlenswert sein, über evtl. Erkrankungen, seien sie auch erfolgreich therapiert oder ausgeheilt, Auskunft zu erteilen, zumal der Käufer eines Pferdes von dem Kauf eines ihn überzeugenden Pferdes kaum Abstand nehmen wird, wenn für die weitere Entwicklung des „Kaufobjektes“ die Mangelfreiheit festgestellt wurde.

Die Kritik

Es erscheint doch recht konstruiert, von arglistiger Täuschung auszugehen, wenn durch einen gerichtlichen Sachverständigen festgestellt wurde, dass ein früher möglicherweise vorhandener „Mangel“ nicht mehr vorhanden ist und zudem auch die tierärztliche Ankaufsuntersuchung nicht einmal den Verdacht eines solchen Mangels ergeben hat. Auch wenn es realitätsfern erscheint, ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall ein Gericht meint, dass selbst der Verkäufer arglistig handelt, der einen erfolgreich behandelten und zum Zeitpunkt des Kaufs auch nicht mehr existierenden Befund unter dem Gesichtspunkt früherer Erkrankungen nicht mitteilt.  

Dr. Plewa
Rechtsanwalt / Fachanwalt

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