Gerd Buchthin gestorben

Erschienen am 26.04.2018

Wenn andere Lehrlinge und Mitarbeiter des Gestütes Ganschow Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre abends in die Disco gingen, saß er über Fohlenscheinen und Zuchtregister um sich die Ahnenfolge von Pferden einzuprägen. Sein ehemaliger Chef Hartmut Platzeck sagt: "Wenn man mal die eine oder andere Abstammung nicht wusste, weil die Papiere im Moment nicht vorlagen, musste man nur unseren Mitarbeiter fragen, der hatte sie im Gedächtnis". Die Rede ist von Gerd Buchthin, der Anfang April im Alter von nur 59 Jahren nach kurzer schwerer Lungenkrankheit gestorben ist.

Gerd Buchthin im Jahre 2000 an den Leinen eines Kremsers bei einer Hubertusjagd im Gestüt Ganschow. Foto: Jutta Wego

Pferdezucht war seine Leidenschaft und es traf ihn schmerzlich, dass er in den Wendejahren nach 1990 den Betrieb wechseln musste. Im Mai 1958 wurde Gerd Buchthin in Bad Wilsnack geboren. Die Familie zog kurze Zeit später nach Wittenberge, wo er seine Kinder und Schuljahre verbrachte, immer schon vom Interesse an Pferden beseelt. Der Berufswunsch war somit vorprogrammiert. Er bewarf sich für eine Lehre im Gestüt Ganschow, dem Vorzeigezuchtbetrieb im Norden der DDR. Er wurde angenommen und begann im September 1975 die Lehre zum Facharbeiter für Pferdezucht.

Gerd Buchthin war so etwas wie ein "Musterlehrling", mit großem Wissensdurst und es dauerte nicht lange bis er sich auch zum "Meister der Pferdezucht" weiterqualifizierte. Werner Gehrmann leitete damals den Hengststall und mit ihm arbeitete "Theo", wie Gerdchen Buchthin von vielen Mitarbeitern genannt wurde, zusammen. Es war eine erfüllte Zeit für ihn. Die Betriebsleitung baute auf ihn und übertrug ihm auch die Führung der Deck- und Besamungsregister. Auf privater Basis legte er sich selbst ein Ganschower Stutbuch an. Wenn der damalige, inzwischen auch verstorbene DEFA-Regisseur Karl-Hermann Müller als Pferdefan und Freizeitreiter einen Film in Ganschow drehte, war Theo Buchthin zur Stelle und stellte sich als Kleindarsteller zur Verfügung.


Gerd Buchthin in den 1980er Jahren als Beifahrer des Fahrstallmeister Lothar Schulz mit zwei Duell II-Stuten bei einem Turnier in Ganschow. Foto: Archiv

Dann kam die politische Wende und auch für Gerd Buchthin änderte sich alles. Viele Mitarbeiter des Gestütes Ganschow verloren ihre Arbeit. Das traf auch Gerd Buchthin und es begann eine Odyssee für ihn. Durch Vermittlung seines Chefs führte ihn der Weg ins holsteinische Grabau bei Bad Oldeslohe zum Araber Gestüt der Familie von Kameke. Weil die Chemie nicht stimmte, wechselte er mehrfach den Betrieb, immer jedoch mit Pferden. Als sein letzter Arbeitgeber vom Pferdehof Papke in Bernau starb, kehrte er nach Schönwohlde zurück. Gelegentlich halt er nun noch im Gestüt Ganschow bei Kremserfahrten und Veranstaltungen aus. Mit seinem Wissen über Pferdezucht, Zuchtlinien und Persönlichkeiten aus der Pferdezucht der DDR verstärkte er nun als freier Mitarbeiter eine Zeit lang die Redaktion der Verbandszeitschrift "Mecklenburger Pferde" und schrieb Zeitungsartikel.

Doch der ledige Horseman war von den Wirren der Zeit gezeichnet und der Tod seiner Mutter war ein weiterer Tiefpunkt. Zuletzt lebte Gerd Buchthin in Ganschow, traf sich gelegentlich bei "Maxens", oder an anderer Stelle in Ganschow mit Freunden, wie seinen ehemaligen Kollegen Lothar Schulz und Manfred Ulrich, zu Gesprächen aus alter Zeit und über Pferdezucht, schmiedete Pläne über neue Schrift-Projekte, z.B. über die Lewitzer Zucht und kümmerte sich in der Kommune um die Außenanlagen des Gemeindehauses. Seine Lunge war inzwischen sehr angegriffen und in aller Stille ist er dann Anfang April gestorben. (Franz Wego)

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