Arbeitet das TV-Magazin „RTL Extra“ mit unlauteren Mitteln?

Erschienen am 13.01.2022

Die unklaren Sequenzen eines Videos das RTL am späten Diensttag Abend des 11. Januar in seinem Magazin „RTL Extra“ veröffentlicht hat, sowie das Vorzeigen und Durchwühlen von Material in einem Reitbetrieb, ohne Beweis, dass das aktuell verwendet wird, verbunden mit einer martialischen Sprache in dem Beitrag, erweckt in mir eher einen schlimmen Verdacht gegen die Redeakteure des Magazins. Das Vorgehen von RTL, um aus meiner Sicht unbedarfte und fachlich nicht versierte Menschen mit billigen Mitteln gegen den Pferdesport aufzubringen, wird auch dadurch offensichtlich, weil immer wieder der Vorfall vom Modernen Fünfkampf bei den Olympischen Spielen gezeigt wird und ein Klopfen mit der Gerte sowie ein Klatschen der Hand, wenn auch zur Faust gemacht und in aktuellen Fall sinnlos, als tierschutzwidrig hingestellt wird. Pferdleute wie mich, die ihr Leben lang mit Pferden zu tun hatten und mit ihnen von Kleinkind an aufgewachsen sind, ekelt so etwas an. In gleicherweise Bildsequenzen von einem Amateurturnier, bei dem Pferde schon eher mal den Absprung an einem Hindernis verweigern, weil sie vielleicht in nicht ganz passender Distanz an das Hindernis herangeritten wurden (es sind halt Amateure) und bei dem Anhalten das Hindernis einreißen (wie in den Bildmaterial von RTL zu sehen) und der Reiter das Pferd dann mit der Gerte einige Klaps gibt. Das hat nun wirklich nichts mit Tierquälerei zu tun. Solche Vorgehensweisen von vermeintlichen Enthüllungsleuten sind hinterhältig, irreführend, verleumdend und dienen nur denen, die Tiere generell am liebsten nur in der freien Natur sehen wollen.

Ja, es gibt leider schwarze Schafe auf dem Gebiet der Pferdehaltung und des Reitsports. Die werden von uns als Fachleute (Richter, Stewards usw.), wenn wir das sehen oder davon etwas mitbekommen, sofort ermahnt, gemaßregelt, je nach Schwere disqualifiziert, oder vom Turnieren verwiesen, mit schriftlicher Meldung an die Dachorganisationen. Der Beitrag von RTL wird so dargestellt, als wenn tierschutzwidriges Verhalten systemische Ursachen hat. Das weise ich, der ich mehr als 60 Jahre intensiv mit Pferden, Training, Reitsport und Pferdezucht zu tun hatte und die Szene nach wie vor sehr gut überblicke, ganz entschieden zurück!!

RTL sollte natürlich mit seriösen Mitteln aufdecken wo etwas im Argen liegt. Der Sender, oder mehr das Magazin „Extra“, sollte vielmehr die tausende von positiven Beispielen kommunizieren und bildlich darstellen, so wie das löblicher Weise viele Medien tun. Züchter, Reiter, Trainer und alle die ihr Herz an Pferde verloren haben, so wie ich schon mit 7-8 Jahren bei meinem Vater auf dem Bauernhof, sind die Schützer und Bewahrer unserer Mitgeschöpfe Pferd. Dass allen mal die Nerven durchgehen und Pferde dabei kurzzeitig nicht sehr sanft behandelt werden, ist sicher menschlich. Davon wasche auch ich mich nicht rein. Es ist ähnlich wie mit Kindern, denen ein leichter Klaps gelegentlich auch nicht schadet. Die Ausbildung von Pferden ist auch Erziehung. Unvorsichtigen Pferden über dem Sprung eine von vielen Fachexperten zugelassenen Stange (rund, 3m lang, maximal 2kg schwer) etwas höher über der eigentlichen Springstange zu halten (nicht schlagen), sie sie dann touchieren, hilft auf Dauer, dem Pferd (wenn es sensibel ist) zu signalisieren etwas höher zu Springen. Das hat mit Tierquälerei absolut nicht zu tun und fügt dem Pferd auch keine „unnützen Schmerzen zu“, wie es im Tierschutzgesetz heißt.

Die FN nimmt die Angelegenheit sehr ernst, die schon 2 Jahre schwelt, ohne das RTL gewillt war die seitens der FN an den Sender gerichtete Fragen glaubhaft aufklärend zu beantworten. Nachfolgend eine Stellungnahme der FN zu den Dingen. 

Stellungnahme der FN zum RTL-Beitrag vom 11. Januar 2022

Warendorf (fn-press). Das TV-Magazin „RTL Extra“ hat am 11. Januar 2022 einen Beitrag über die mutmaßliche Anwendung unerlaubter Trainingsmethoden sowie mögliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz im Stall von Ludger Beerbaum veröffentlicht. Dazu nimmt die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) wie folgt Stellung:

„Wie schon 2020 und 2021 gegenüber RTL zum Ausdruck gebracht, nehmen wir die Vorwürfe sehr ernst. Genau deshalb werden wir das am späten Dienstagabend ausgestrahlte Filmmaterial sorgfältig analysieren und anschließend entsprechende Schlüsse zum weiteren Vorgehen ziehen. Um eine seriöse Beurteilung des Sachverhaltes vornehmen zu können, bedarf es des gesamten Video- und Beweismaterials. Wir fordern RTL deshalb erneut auf, uns dieses vollständig zur Verfügung zu stellen“, sagt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. Er betont: „Bereits jetzt, unabhängig von dem gezeigten Beitrag, können wir klar sagen, dass der Gebrauch von Vierkantstangen sowie genopptem oder gestacheltem Stangenmaterial inakzeptabel ist und nicht im Einklang steht mit den Grundsätzen des fairen Pferdesports.“

Die FN wird den Sachverhalt auf drei Ebenen aufarbeiten:
Einerseits prüft sie, ob Ordnungsverfahren eingeleitet werden können. Andererseits wird sie im Hinblick auf die bereits im Jahr 2021 erstattete Strafanzeige die Staatsanwaltschaft über den RTL-Beitrag informieren, damit diese den Sachverhalt auf Grundlage des Tierschutzgesetzes bewerten kann. Darüber hinaus beschäftigt sich die bereits im Januar 2021 eingerichtete FN-Kommission weiterhin mit Ausbildungsmethoden im Pferdesport und insbesondere mit dem Thema Touchieren.

Die FN hat RTL in den vergangenen Jahren mehrfach aufgefordert, das vollständige Videomaterial für eine fachliche Prüfung zur Verfügung zu stellen sowie die beteiligten Personen zu benennen. Den Bitten und Aufforderungen ist RTL bis heute nicht nachgekommen.

Rückblick:

Bereits im Juli 2020 tritt die RTL-Redaktion mit einer Anfrage zum Einsatz von eventuell tierschutzwidrigen Methoden im Pferdesport an die FN heran. Die FN gibt Auskunft darüber, welche Vorgaben das Tierschutzgesetz, die „Leitlinien zu Umgang mit und Nutzung von Pferden unter Tierschutzgesichtspunkten“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sowie die Richtlinien und Regelwerke der FN dazu machen. Nach weiteren Gesprächen mit RTL stellt sich heraus, dass der Redaktion Videomaterial vorliegt und sie einen Beitrag zum Thema Barren vorbereitet.

Die Anfrage von RTL führt der FN vor Augen, dass es trotz aller vorhandenen Formulierungen schwerfällt zu veranschaulichen, abzugrenzen und zu vermitteln, wo der Unterschied zwischen dem erlaubten Touchieren und dem verbotenen Barren liegt. Im Januar 2021 richtet die FN deshalb eine Kommission ein, die aus haupt- und ehrenamtlichen Vertretern der Pferdesport- und Zuchtverbände, Trainer und Spitzenreiter der Olympischen Disziplinen sowie Wissenschaftler und Veterinären besteht. Die Kommission soll strittige Trainingsmethoden überprüfen und, wo nötig, Vorschläge für Regelwerksänderungen machen. Ziel war es, bis Ende 2021 Ergebnisse zu präsentieren. Im Jahr 2021 finden mehrere Treffen der Kommission statt, doch aufgrund der Komplexität des Themas Touchieren dauert die Arbeit der Kommission noch an. Damit die Kommission weiter in Ruhe arbeiten kann, wird die FN keine Wasserstandsmeldung abgeben.

Im Februar 2021 kommt es zu einem Gespräch zwischen zwei RTL-Redakteurinnen und FN-Vertretern in Warendorf. Die Redakteurinnen zeigen eine Videosequenz, die weder Rückschlüsse auf beteiligte Personen zulässt, noch darauf, ob es sich um einen Verstoß gegen die FN-Richtlinien handelt. Um ihre Verantwortung für den Tierschutz wahrnehmen zu können und für eine bessere Einordnung der Bilder bittet die FN RTL mehrfach darum, dem Verband das vollständige Videomaterial zur Verfügung zu stellen. Die FN fordert RTL ebenfalls dazu auf, die gezeigten Personen zu benennen, um den Sachverhalt prüfen und gegebenenfalls verfolgen zu können. Den Bitten und Aufforderungen kommt RTL nicht nach.

Im März 2021 reagiert RTL auf ein Schreiben der FN mit der Aussage, dass sich das vorliegende Material in der Gesamtlänge nicht von dem unterscheiden würde, was der FN bereits gezeigt wurde. Nach dem Gespräch im Februar gehe die Redaktion davon aus, dass momentan von Seiten der FN kein Verstoß gegen das Tierwohl respektive ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz bewiesen werden könne. Da RTL sehr daran interessiert sei, Verstöße gegen das Tierschutzgesetz aufzudecken, werde die Redaktion weiter recherchieren und die FN auf dem Laufenden halten, sollte es neue Erkenntnisse geben. Dies ist nicht geschehen.

Im Mai 2021 zeigt die FN bei der Polizei NRW eine mögliche Verletzung des Tierschutzgesetzes an, damit die Behörden dem Sachverhalt nachgehen können. Die FN erhofft sich von der Anzeige gegen Unbekannt, dass sich die Behörden im Zuge ihrer Ermittlungen das Videomaterial verschaffen und aufklären, ob das Tierschutzgesetz verletzt wurde. In einer Pressekonferenz informiert die FN die Öffentlichkeit über ihr Vorgehen. RTL teilt Medienvertretern auf Nachfrage mit, dass die Redaktion auf eine Ausstrahlung verzichte, weil nach Rücksprache mit Experten kein eindeutiger Verstoß gegen das Tierwohl respektive ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz unzweifelhaft bewiesen werden könne.

Im November 2021 informiert die Staatsanwaltschaft Münster die FN darüber, dass die Ermittlungen gegen Unbekannt eingestellt worden sind.

Alle Informationen zu der Pressekonferenz im Mai 2021 gibt es hier: https://www.pferd-aktuell.de/news/aktuelle-meldungen/fei---fn---dokr/tierschutz-fn-erstattet-anzeige-gegen-unbekannt

Was tut die FN, um Verstöße gegen das Tierwohl im Pferdesport zu verhindern? In einem Interview klärt Soenke Lauterbach auf: https://www.pferd-aktuell.de/news/aktuelle-meldungen/fei---fn---dokr/tierschutz-interview-mit-soenke-lauterbach

 

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