Die neue Rechtslage

Erschienen am 05.01.2024

Durch Zeitablauf gewinnt die Änderung der Rechtslage zur Mängelhaftung des Verkäufers an Bedeutung, die auf der Grundlage der EU-Warenkaufrichtlinie (WKRL) eingetreten ist. Sie gilt für alle Kaufverträge, die nach dem 01.01.2022 abgeschlossen wurden.  

Die Unterschiede 

Gegenüber der für „Altverträge“ geltenden Rechtslage hat sich zunächst einmal bereits der Begriff des Mangels geändert. Früher hatte die zwischen den Parteien vereinbarte Beschaffenheit Vorrang vor der Frage, ob die Kaufvertragsparteien einen bestimmten Verwendungszweck vereinbart haben oder aber – verneinendenfalls – auf die zu erwartende Sollbeschaffenheit abzustellen ist. Unter einer Beschaffenheitsvereinbarung, die auch stillschweigend abgeschlossen werden konnte, hat man die ganz subjektiven Vorstellungen des Käufers zu verstehen, mit denen sich der Verkäufer einverstanden erklärt hat. Wurde beispielsweise vereinbart, dass das Pferd ein „Lehrpferd“ sein sollte, dann musste es sich genau dafür eignen, die Lektionen auf der Basis des vereinbarten Ausbildungsstandes auch für einen Amateurreiter abrufbar anbieten.

Zur Gesundheit wurde oftmals zum Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung der Zustand gemacht, der im Rahmen einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung festgestellt wurde. Soweit keine Beschaffenheit vereinbart war, sollte es nach der Interpretation von § 434 BGB auf die von einem vergleichbaren Pferd zu erwartende gewöhnliche Beschaffenheit nicht ankommen, auch nicht darauf, ob es sich für einen bestimmten Verwendungszweck eignet. Diese Unterscheidung ist gegenstandslos geworden. Das Pferd muss inzwischen allen gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen, also den subjektiven und objektiven Maßstäben genügen, um als mangelfrei durchzugehen.

Vertragsfreiheit

Die gesetzlichen Bestimmungen gelten dann, wenn nichts anderes vereinbart wird. Sie sind allerdings im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs (Verkauf von Unternehmer an Verbraucher) zwingend. Jede zu Lasten des Verbrauchers von der gesetzlichen Vorgabe abweichende Vereinbarung wäre unwirksam, also insbesondere jede Art der Begrenzung der Haftung für Mängel.

Die negative Beschaffenheit

Hat das zum Verkauf stehende Pferd negative Eigenschaften, auf die sich der Käufer nach dem Erwerb zur Begründung eines Rücktritts oder eines Minderungsanspruchs berufen könnte, muss bei einem Verbrauchsgüterkauf ausdrücklich diese negative Abweichung von der objektiven Beschaffenheit vereinbart werden. Es reicht allerdings nicht einmal, wenn die erstmals und auch ausschließlich im Vertrag erwähnt ist, z. B. in der Form eines Hinweises auf Koppen.

Der Verbraucher muss vielmehr vor dem Abschluss des Kaufvertrages darüber informiert werden, dass das Pferd hinsichtlich einer bestimmten negativen Eigenschaft vom „Standard“, also der üblichen Beschaffenheit abweicht. Zusätzlich muss dann die negative Eigenschaft auch noch in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Zwar gilt hier keine Formvorschrift: Der vorausgehende Hinweis wie die negative Beschaffenheitsvereinbarung können mündlich verabredet werden. Es liegt aber im Interesse des Verkäufers, beides in Schriftform zu machen, um Beweisproblemen vorzubeugen.

Es empfiehlt sich zudem, eine negative Beschaffenheit in einem schriftlichen Vertrag in einem eigenen Abschnitt gesondert hervorzuheben und auch den vor Vertragsabschluss erteilten Hinweis schriftlich bestätigen zu lassen.

Entsprechendes gilt selbstverständlich auch für gesundheitliche Beeinträchtigungen, und zwar auch dann, wenn sie im Rahmen einer tierärztlichen Kaufuntersuchung erhoben worden sind. Insoweit nützt dem Verkäufer der spätere Hinweis darauf, dass die tierärztliche Untersuchung von der Norm abweichende Befunde erbracht habe, nichts: Im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufes kommt § 442 BGB nicht zur Anwendung. Der unternehmerische Verkäufer kann sich nicht mit dem Argument verteidigen, dass der Käufer Kenntnis von einem bestimmten Mangel hatte oder dass ihm der in Folge grob fahrlässiger Unkenntnis verborgen geblieben sei.

Der Ausweg

Im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufes gibt es keine Möglichkeit, die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen. Einzige Ausnahme davon ist der Verkauf „gebrauchter Waren“ über eine öffentliche Versteigerung, § 474 II BGB. Als neu – im Gegensatz zu gebraucht – gelten derzeit nach Maßgabe eines BGH-Urteils noch nicht abgesetzte Fohlen. Für die Zeit nach dem Absetzen dürften sie als „gebraucht“ zu qualifizieren sein. Für öffentliche Versteigerungen gilt dann, dass jegliche Haftung für Mängel wirksam ausgeschlossen werden kann, wovon die Auktionsveranstalter in ihren Bedingungen auch Gebrauch machen.

Bei dieser Vermarktungsform bleibt dem Käufer allenfalls noch die Möglichkeit, den geschlossenen Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Er müsste dann allerdings nachweisen, dass ein offenbarungspflichtiger Mangel vom Verkäufer bewusst verschwiegen wurde.

Dr. Dietrich Plewa
Rechtsanwalt / Fachanwalt

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€