Nach schwerem Unfall: Kati Lekander sitzt wieder im Sattel

Erschienen am 11.11.2020

Stefan Ehlers
Ostsee-Zeitung

Das war knapp. Springreiterin Kati Lekander erlitt Anfang August bei einem Sturz lebensbedrohliche Verletzungen. Drei Monate später feierte die in Karow lebende Finnin wieder Erfolge. 1127 Siege hat die 48-Jährige bereits erkämpft. 2019 erhielt sie das Goldene Reitabzeichen.

Nach schwerem Unfall wieder im Sattel: Springreiterin Kati Lekander. © Stefan Ehlers

Nach schwerem Unfall wieder im Sattel: Springreiterin Kati Lekander. © Stefan Ehlers

Ein sonniger Vormittag in Karow. Kati Lekander nutzt das schöne Herbstwetter, um an der frischen Luft zu trainieren. Zayn, ein vierjähriger Hengst, der in den vergangenen Monaten in der Zucht eingesetzt wurde, soll wieder an den Turniersport gewöhnt werden. Im Galopp geht es um die Rennbahn. Die Reiterin ist in ihrem Element. Kati Lekander hat Spaß. Nur drei Monate nach ihrem schweren Unfall sitzt sie bereits wieder im Sattel – und das grenzt an ein Wunder.

Anfang August verunglückt die 48 Jahre alte Finnin im Training. Nach einem Sprung über ein Hindernis stürzt das Pferd kopfüber. Die Reiterin fliegt hinterher. Das Pferd rappelt sich auf. Beim Weglaufen tritt das gut 500 Kilo wiegende Tier mit einem Hinterhuf auf den Bauch der am Boden liegenden Sportlerin. Kati Lekander spürt die innere Wärme und den Druck in ihrem Körper. Es sind Anzeichen von inneren Verletzungen. Instinktiv bleibt sie liegen.

Mehrstündige Notoperation

Die Verunglückte wird mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus in Plau am See gebracht und von den Ärzten in einer mehrstündigen Notoperation wieder zusammengeflickt. Am schlimmsten hat es die Milz erwischt. Das kleine Organ ist nicht zu retten. Auch Bauchspeicheldrüse und Magenwände haben etwas abbekommen. „Ich hatte pures Glück. Zehn Zentimeter weiter oben und es hätte das Herz getroffen“, weiß Kati Lekander, die zur Springreiter-Elite in Mecklenburg-Vorpommern gehört. Seit 2019 ist sie im Besitz des Goldenen Reitabzeichens.

Noch während ihres dreiwöchigen Klinikaufenthalts überlegt die in Lahti geborene Reiterin, ob sie sich eine Sicherheitsweste zulegt. „Erst habe ich gedacht, nein, das ist etwas für alte Leute und Feiglinge.“ Doch im Laufe der Zeit revidiert sie ihre Meinung. „Ich habe jetzt keine Milz mehr und muss ein bisschen mehr aufpassen. Die Weste verhindert keine Unfälle, aber sie kann mir vielleicht ein paar Auas ersparen.“

Vier Siege in Pausin

Neun Wochen nach dem Unfall steigt Kati Lekander wieder aufs Pferd. „Ich habe versucht, geduldig zu sein. Mir ist es sogar bedingt gelungen“, sagt sie und lächelt. Das Unglück hat die Wahl-Mecklenburgerin gut verkraftet – physisch und psychisch. „Ich habe es zu Notiz genommen, dass es so knapp war und bin glücklich, dass es so ausgegangen ist.“

Inzwischen ist Kati Lekander wieder ins Turniergeschehen zurückgekehrt. Die 1,72 Meter große Finnin gewinnt in Pausin (Landkreis Havelland) vier Prüfungen und stockt ihre Erfolgsbilanz auf 1127 Siege auf.

Durch Niederlagen gereift

Die Pferdesportlerin hat schon viele tolle Erfolge gefeiert, „aber manche Jungpferde-Prüfungen sind genauso schön“. Das Gefühl, wenn die Vierbeiner plötzlich begriffen haben, was sie machen sollen, sei wunderbar, schwärmt sie. „Das gibt einem manchmal mehr als ein Sieg. Man weiß, alles, was sie können, haben sie von dir gelernt.“ Kati Lekander hat schon unzählige Pferde geritten – auch weniger talentierte. „Die Niederlagen haben mich als Reiter und als Mensch groß und erwachsen werden lassen.“

Im Wettkampf ist sie ehrgeizig, aber nicht verbissen. „Ich sage mir immer: Du hast dich schon so oft blamiert in deinem Leben. Einmal mehr macht auch nichts. Deswegen gehe ich die Sachen viel lockerer an als vor 20 Jahren“, sagt die Frau, die seit fast drei Jahrzehnten in Deutschland lebt.

1988 begann das Abenteuer Deutschland

Durch ihren finnischen Reiterkollegen Yrjö Suomus kommt Kati Lekander 1988 nach Bad Segeberg. Da sie ihren Eltern ein Studium versprochen hat, kehrt sie nach zwei Jahren in ihre Heimat zurück, schließt eine dreijährige Ausbildung in der Materialwirtschaft ab und setzt ihr Engagement in Schleswig-Holstein fort.

Dort lernt sie Robert Widmann kennen und lieben. Der gebürtige Schwabe ist ehemaliger Feldjäger der Bundeswehr. Er hat Einsätze in Krisengebieten wie Afrika, Kosovo und Bosnien mitgemacht und unter anderem als Personenschützer gearbeitet. Die beiden heiraten. Der Job verschlägt ihn nach Neubrandenburg. Sie zieht mit.

Seit zwei Jahren in Karow tätig

Seit knapp zwei Jahren ist Kati Lekander als Bereiterin bei der Pferdezucht Osterberg GmbH in Karow tätig. Die Finnin lobt ihre Chefin Sonja Osterberg („Sie ist sehr kulant und macht nie Druck“) und schwärmt von der Anlage. „Hier wurde viel Herzblut reingesteckt.“ Kati Lekander und ihr Mann haben zwei Pferde und einen Jack-Russel-Terrier namens Lotte. „Das ist ein kleiner Wadenbeißer.“ Das Paar wohnt direkt über dem Pferdestall. „Das ist ganz praktisch. Ich muss nur die Treppe herunterrollen und bin im Stall“, sagt die Springreiterin, die an manchen Turniertagen schon nachts um drei Uhr aus den Federn muss.
Ihr Mann ist immer dabei. Er macht die Pferde fertig, mistet die Ställe aus oder dreht Videos.

3. August wird zum zweiten Geburtstag

Als der Unfall passiert, ist Robert Widmann auf der Koppel. Er kommt zurück und sieht seine Frau am Boden liegen. „Den Moment hätte ich ihm gern erspart“, sagt Lekander. „In so einer Situation funktioniert man einfach“, ergänzt Widmann. Er hat nie versucht, seiner Frau den Reitsport auszureden: „Das ist ihr Leben.“

Kati Lekander versteht die Geschehnisse an jenem 3. August als zweite Chance. „Ich bin kein Geburtstagsmensch und freue mich über jeden, der meinen Ehrentag vergisst. Aber der 3.8. ist für mich jetzt so etwas wie ein zweiter Geburtstag.“ Und jeder Tag auf einem Pferd ist ein Geschenk für sie.

(Wir danken dem Sportredakteur der OSTSEE-Zeitung, Stefan Ehlers, dass er den User von www.hippothek.de seinen Betrag, der am 11. November in der OZ erschienen ist, zur Verfügung stellt)

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