Pferdezüchterin, einstige Reiterin und Reiterhofbetreiberin Margitta Wiktor ist gestorben
Erschienen am 07.07.2025
Die Nachricht, dass Margitta Wiktor gestorben ist, traf bei Ankunft zum Turnier in Dersekow alle die es noch nicht wussten, wie ein Schlag. Am 1. Juli schloss mit Margitta Wiktor, die im Januar ihr 81. Lebensjahr vollendet hat, eine Frau für immer ihre Augen, die man als „Institution“ der Insel Rügen bezeichnen kann. Bis Mitte Mai war sie noch federführend zusammen mit ihrer Familie und Frank Schiefner intensiv an der Vorbereitung und Durchführung des beliebten Reitturniers in Trent/Zubzow beteiligt. Zwar fiel ihr nach einem arbeitsreichen Leben das Laufen schon schwer, was mit Technikhilfe aber erleichtert wurde. Sonst fühlte sie sich altersgemäß gesund, wie sie es selbst zum Ausdruck brachte. Danach traten Herzprobleme auf, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Nochmal nach Hause gekommen, musste sie erneut ins Krankenhaus und verstarb nach einer Herz-Operation.

Margitta Wiktor, wie man sie zuletzt kannte, von den Mühen ihres harten Lebens gezeichnet. Nun hat sie die Pferdewelt für immer verlassen. © J. Wego
Wie so viele Dinge, lebt auch der Pferdesport von Menschen, die sich ganz in den Dienst der Sache stellen. Eine solche Frau war Margitta Wiktor. 1944 im Landkreis Tilsit, dem heutigen Russland geboren, kam sie als Vertriebene mit ihrer Mutter und 5 weiteren Geschwistern auf die Insel Rügen. Bereits als Kind zogen sie Pferde magisch an, hielt sich deshalb oft im Pferdestall und auf den Weiden der Nachbarhöfe auf und half bei der Versorgung der Pferde.
Während der Lehre als Rinderzüchterin im VEG Güttin waren ihre Augen stets auf Pferde und Pferdesport gerichtet. Josef Scholz, der damalige Gestütswärter des Hengstdepots Redefin, war ihr erster Reitlehrer. Es folgten erste Erfahrungen auf Turnieren im Dressursattel. Nicht nur der eigene Sport war ihr wichtig. Vielmehr sorgte sie sich von Beginn an auch um organisatorische Dinge rund um den Pferdesport.
Im Jahre 1966 gründete sie ihre eigene Familie, aus der die Kinder Ines, Kirsten und Nico hervorgingen. Stets blieb der Pferdesport trotz Arbeit auf dem elterlichen Hof und den Kindern ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Wirkens. Das eheliche Glück währte nur 16 Jahre. 1982 - ausgerechnet in dem Jahr als sie zusammen mit Tierarzt Dr. Wilhelm Neubauer und weiteren Freunden die „Sektion Pferdesport Trent“ gründete, starb ihr Ehemann ganz plötzlich. Trotz großer Trauer ließ sie sich nicht entmutigen und war - vielleicht auch zum Trotz - von Anfang an Zugpferd der jungen Organisation.
Pferde aus Privatbeständen, vom Kirchengut und von Landwirtschaftsbetrieben, die die Organisation unterstützten, waren der Grundstock für die Anfänge. In Eigenregie wurde der Reitplatz in Zubzow mit zahlreichen Mitstreitern angelegt und ständig weiterentwickelt. Viele Kinder erlernten bei Margitta Wiktor das Einmaleins des Reitens. Die Pferde gingen tagsüber vor dem Milchwagen oder an Ackergeräten.
Die eigene Fortbildung und das Ablegen der Übungsleiterlizenz waren ihr wichtig, um fundiert und fachgerecht mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten und trainieren zu können. Auch Pferdezucht weckte schon früh ihr Interesse, weil es ohne Pferdezucht auch keinen Pferdesport gibt. An Zuchtveranstaltungen nahm sie regelmäßig teil und übernahm auch auf diesem Gebiet in den Organisationsstrukturen stets Verantwortung.
Nach der deutschen Wiedervereinigung, als 1990 eine ungewisse Zeit begann, blieb ihr Herz beim Pferdesport. Harte Eigentumskämpfe um das Anwesen das sie bewohnte, mussten durchgestanden werden. Weil Aufgeben nie ihre Sache war, setzte sie sich am Ende durch und aus der Sektion Pferdesport wurde der „RFV Trent 82 e.V.“. Es folgte der Aufbau eines privaten Reiterhofes in Zubzow. Zeitweise betrug der Bestand in den Folgejahren bis zu 40 eigene Pferde und Ponys. Kutschfahrten und Ausritte auf der Insel Rügen wurden angeboten. Immer uneigennützig und unter Zurückstellung von persönlichen Belangen, waren die Pferde ihr Leben. Viele Kinder hat sie auf ihren Privatpferden gefördert und erfolgreich in den Turniersport gebracht. Zum wirtschaftlichen Erfolg trugen außerdem regelmäßig Reitferienangebote für Schüler bei, die stark frequentiert wurden.
Mit Freude registrierte es Margitta Wiktor, wenn ihre Reitschüler an Landesmeisterschaften teilgenommen haben und mit Erfolgen sowohl in der Dressur als auch im Springen zurückkehrten. Besonders stolz war sie über ihre sieben Enkel Johanna, Elske, Paul, Gustav, Emma, Isabel und Vanessa, von denen einige das Reiten bei ihr lernten. Vor allem Elske, Paul und Emma, die ihn neben Schule und Ausbildung im Betrieb reiterlich unterstützt, blickt ihrerseits schon auf fünf Landesmeistertitel im Jugendbereich zurück. Bruder Gustav ist mehr der Mann für das technische Gerät auf dem Hof.
Die ganze Familie von Margitta Wiktor war stets zur Stelle, wenn Turniere in Zubzow zu organisieren waren, die in den letzten Jahren zunehmend an Beliebtheit gewannen, mit Kirsten Wiktor, der Mutter von Paul, Gustav und Emma, sowie Frank Schiefner, der Margitta als Reiter auch viel zu verdanken hat, als die Motoren im Orga-Team.
Als Züchterin stehen allein aus den letzten 30 Jahren mehr als 30 Pferde in den Listen der FN die im Stall von Margitta Wiktor geboren wurden, darunter auch einige Ponys. Wenn ihr bestimmte Abstammungen besonders gefielen, kaufte sie auch Fohlen um sie später, vor allem von den Enkeln in den Sport zu bringen. Eine besondere Freude war es für sie, noch erleben zu dürfen, dass ihr Enkel Paul wieder nach Hause zurückgekehrt ist und nun ihren Hof mit einem Turnier- und Ausbildungsstall weiterführt.
Mit Margitta Wiktor verliert der Pferdesport und die Pferdezucht in Mecklenburg-Vorpommern eine außergewöhnlich starke und bis ins Alter engagierte Frau und Fachexpertin. Darüber hinaus einen angesehenen Menschen, die sich nie in den Mittelpunkt stellte und allein dadurch an Größe und Ansehen gewann wie es nur wenigen zuteilwird. Für ihr Lebenswerk wurde sie 2022 mit der Ehrennadel des Pferdesportverbandes Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet. Ihr Tod hinterlässt nicht nur in ihrer Familie, sondern in der Pferdewelt des ganzen Landes eine große Lücke. Margitta, wir werden Dir ein ehrendes Andenken bewahren. (fw)