Lieselotte „Lilo“ Beyer - eine Ikone des DDR-Dressursports, Grand-Prix-Richterin und Trainerin lebt nicht mehr
Erschienen am 17.10.2024
Liselotte Beyer, Ikone des Dressursports in der DDR, mit Rugby, mit dem sie von ihren elf Meistertiteln von 1972 bis 1976 fünf gewann. © Mihatsch
Wie der Landesverband Pferdesport Sachsen auf seiner Internetseite mitteilt, ist Lieselotte „Lilo“ Beyer, eine Ikone des DDR-Dressursports, Grand-Prix-Richterin und Trainerin am 24. September im 81. Lebensjahr nach langer, schwerer Krankheit, die sie lange Zeit besiegt glaubte, verstorben
Lieselotte „Lilo“ dominierte (auch unter ihrem Mädchennamen Strehlow) in den 60er und 70er Jahren den Pferdesport der Frauen in der DDR. Insgesamt errang sie elf Meistertitel in der Dressur und zwei Meistertitel im Springreiten. Dazu kamen noch fünf Vizemeistertitel, drei dritte Plätze und viele Erfolge im damaligen sozialistischen Ausland. Wie Madeleine Winter-Schulze in der BRD gelangen ihr somit Titelgewinne im Dressur- und Springreiten wie auch dem Vielseitigkeitsreiter Helmut Hartmann.
Geboren wurde Lieselotte Strehlow in den Kriegswirren am 11. März 1943 in Liebenow, Kreis Landsberg/Warthe (heute Polen), einem Nachbarort des aufwachsenden Wolfgang Müller. Ihre Eltern waren schon immer im sächsischen Riesa zu Hause und hier wuchs sie auch auf. 1957 kam die Oberschülerin zur Grundorganisation Pferdesport der GST (Gesellschaft für Sport und Technik) im Stahl- und Walzwerk Riesa. Reitlehrer Fricker lehrte ihr auf „Mieze“ das Reiter-Abc. Bei den Jugendreiterprüfungen stellten sich schnell Erfolge in Dressur und Springen ein.
1960 kauften die Mitglieder aus eigenen Mitteln die dreijährige temperamentvolle sächsische Fuchsstute (Züchter: Reinhard, Treptitz), die den Namen Poinsettia bekam. Lilo Strehlow wurde ihre Pflegerin und Reiterin. Mit der Eingliederung des Pferdesports in den DTSB (Deutscher Turn- und Sportbund) übernahm die BSG (Betriebssportgemeinschaft) Riesa, deren Träger das Reifenwerk war, die GST-Reiter. Trotz ihrer sportlichen Erfolge arbeitete Lilo, wenn auch verkürzt, durchgehend als Reifenkonstrukteurin im Betrieb. Das heißt, vor der Arbeit wurden die Pferde versorgt, nach der Arbeit folgte dann die Pferdepflege und das Training. Reithallen gab es noch nicht. Das tägliche Freilandtraining fiel nur bei äußerst schlechtem Wetter aus. Als Reitplatz wurde eine verlassene Sandgrube von den Pferdesportlern mit großem Aufwand zum Stadion umgestaltet. Die nutzbare Reitfläche war 100 x 60m. Der Weg dorthin war zwei Kilometer, der reichlich genutzte Weg durch das Gelände 4 km lang. Dieser Trainingsablauf war sehr zeitaufwendig. Dem ist es aber sicher zu verdanken, dass Lilo immer ausgeglichene, mitarbeitsbereite und vor allem gesunde Pferde vorstellen konnte.
Eine damalige Auflage war, dass alle Pferde, auch die Meisterschaftspferde, den Nachwuchsreitern zur jährlichen Spartakiade zur Verfügung gestellt wurden. Die vielen dabei erzielten Erfolge standen für eine gelungene Ausbildung von Jugendlichen und Pferden in Riesa.
„Lilo“ Strehlow und Poinsettia, die von Herbert Schubert trainiert wurden, gehörten 1962 zur Mannschaft des Bezirkes Dresden, die beim Republikwettbewerb den dritten Platz belegte. Im gleichen Jahr nahm sie auch an den Qualifikationsspringen zur DDR-Meisterschaft teil. Mit ihrem Reservepferd Edeltraud konnte sie nicht das Finale erreichen. Traurig und niedergeschlagen trat sie die Heimreise an, weil ihr Lieblingspferd auf Empfehlungen des Trainerrates als Militarypferd in den Dynamo-Stall nach Berlin mitgenommen wurde.
Im Turnierjahr 1963 mussten Qualifikationsspringen in Dresden, Jüterbog, Halle und Berlin absolviert werden, um ins Finale der besten Fünf zu kommen. Ihre Sportfreunde im Verein verzichten selbst auf Starts und boten die Pferde Meyca, Pet, Lukas, Kristel und Chinett an. In einer Regenschlacht in Berlin-Weißensee, die auch vom DDR-Fernsehen übertragen wurde, holte sie ihren ersten Meistertitel mit der Mecklenburger Stute Chinett. Monate danach bekam sie Poinsettia wieder zurück, die sie dressurmäßig förderte. 1965 wurde das Paar in Zerbst Meisterin im Viereck. Es folgten noch weitere fünf Goldmedaillen (1967-1971) mit der Ralf-Tochter und ab 1968 startete sie unter neuem Namen, denn sie hatte ihren Kollegen Hans-Jörg Beyer geheiratet. Dazwischen gab es 1966 noch den zweiten Titel im Springen mit der Mecklenburger Stute Simone.
Nach den sechs Titeln mit Poinsettia wurde die Erfolgsserie mit einem weiteren Ralf-Nachkommen fortgesetzt. Beruflich als Ingenieurin ausgebildet holte die Konstrukteurin im VEB Reifenwerk Riesa (das war der Trägerbetrieb der BSG, deren Sektionsleiterin sie zeitweilig war) mit Rugby fünf Gold- (1972-1976) und drei Silbermedaillen im Dressurviereck. Der auf dem Spitznamen Roland hörende Fuchswallach aus der Nordhelle von Dollart brachte es auf 17 „Dienstjahre“.
Lilo startete für die Betriebssportgemeinschaft Chemie Riesa, deren Träger das Reifenwerk Riesa war. Trotz ihrer sportlichen Erfolge arbeitete Lilo, wenn auch verkürzt, durchgehend als Reifenkonstrukteurin im Betrieb. Das heißt, vor der Arbeit wurden die Pferde versorgt, nach der Arbeit folgte dann die Pferdepflege und das Training. Reithallen gab es noch nicht. Das tägliche Freilandtraining fiel nur bei äußerst schlechtem Wetter aus. Als Reitplatz wurde eine verlassene Sandgrube von den Pferdesportlern mit großem Aufwand zum Stadion umgestaltet. Die nutzbare Reitfläche war 100 x 60m. Der Weg dorthin war zwei Kilometer, der reichlich genutzte Weg durch das Gelände 4 km lang. Dieser Trainingsablauf war sehr zeitaufwendig. Dem ist es aber sicher zu verdanken, dass Lilo immer ausgeglichene, mitarbeitsbereite und vor allem gesunde Pferde vorstellen konnte.
Eine damalige Auflage war, dass alle Pferde, auch die Meisterschaftspferde, den Nachwuchsreitern zur jährlichen Spartakiade zur Verfügung gestellt wurden. Die vielen dabei erzielten Erfolge standen für eine gelungene Ausbildung von Jugendlichen und Pferden in Riesa.
In den letzten Jahren der DDR wurde es ruhiger um Lilo. Sie machte ihren Sport zum Beruf und bildete für das volkseigene Gestüt Zöthen bereits vorselektierte Dressurpferde für den Export aus. Nach all den vielen Wettkampfjahren qualifizierte sie sich, beginnend im Jahr 2000, in mehreren Prüfungen 2006 zum höchsten nationalen Dressurrichteramt, dem „Grand Prix“-Richter. Im Ehrenamt war Lilo zwölf Jahre Vorsitzende des Dressurausschusses des Landesverband Pferdesport Sachsen und durch diesen zum Ehrenmitglied ernannt. Von ganzem Herzen und mit überdurchschnittlichem Engagement, hatte sie sich der Entwicklung des Nachwuchses – insbesondere des Ponydressurnachwuchses – verschrieben. Tolle Lehrgänge, zu denen sie namhafte Trainer oder sogar Bundestrainer verpflichten konnte, zahlreiche Cups, für die sie Unterstützer begeisterte, und vor allem sie selbst und ihre Leidenschaft, haben viele junge Sportler auf dem Weg in den großen Dressursport begleitet.
Für diese außergewöhnlichen Erfolge und ihr unermüdliches Engagement wurden Lilo viele Auszeichnungen verliehen. Die wichtigsten waren dabei „Meister des Sportes“, „Ehrennadel des Pferdesports der DDR“ in Gold, das „Goldene Reitabzeichen“, das „Reiterkreuz in Bronze“ der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) und anlässlich ihres 80. Geburtstags im vergangenen Jahr, das Ehrenzeichen des Landesverbands Pferdesport Sachsen in Gold mit Lorbeer. (LV Sachsen/HJBegall)