Historie: „Es gibt nur einen richtigen Sitz”

Erschienen am 14.08.2020

Gedanken zur Ausbildung von Springreiter und Springpferd

In loser Folge wollen wir mit historischen Beiträgen, Turnierergebnissen und Fotos an die Zeit des Pferdesports vor 1990 erinnern. Heute ein Beitrag aus „Pferd und Sport“ der DDR in Ausgabe 8/1965 zur Benutzung von Hilfszügeln im Springreiten.

„Es gibt nur einen richtigen Sitz”

Der vor dem II. Weltkrieg auf vielen Turnierplätzen der Welt erfolgreiche und auch als Reitschriftsteller hervorgetretene Marten von Barnekow äußerte sich unlängst zu dem Thema der Anwendung von Hilfszügeln in der Springreiterei. Die Meinung dieses bekannten Fachmannes ist richtungweisend und dürfte auch einige unserer Reiter zum Nachdenken anregen können. PFERD UND SPORT gibt daher die wichtigsten seiner Gedanken wieder.

Hauptmann Marten von Barnekow war einer der herausragenden Offiziere der Kavallerieschule Hannover. Von 1934 bis 1937 gehörte er zu der siegreichen Nationen-Preis-Equipe, u.a. mit Olaf (Foto). Foto: Archiv Wego

Hauptmann Marten von Barnekow war einer der herausragenden Offiziere der Kavallerieschule Hannover. Von 1934 bis 1937 gehörte er zu der siegreichen Nationen-Preis-Equipe, u.a. mit Olaf (Foto). Foto: Archiv Wego

„Man versucht, die absolute Beizäumung durch total falsche Anwendung von mannigfachen Hilfszügeln zu erreichen. Diese machen es dem Pferde unmöglich, ins Gleichgewich zu kommen und seine Hintergliedmaßen zweckmäßig zu gebrauchen. Die Pferde gehen dadurch auf ihren Vorderbeinen wie auf Krücken und sind dann auch in verhältnismäßig kurzer Zeit vorne verbraucht und struppiert. Beim „Fernsehen” kann man beim Einreiten die auf diese Art gearbeiteten Pferde gut beobachten, und man muss staunen, dass es die Reiter nicht fühlen, wie unrichtig diese Art ist."

„Wie wenig reiterliches Gefühl oft vor, handen ist, kann man feststellen, wenn man sieht, wie nach einem Parcours mit den harten und brutalen Handhilfen und das harte Einsitzen in den Pferderücken aufgepullt wird."

„Woher kommt nun das Nach-oben-Herausschlagen der Pferdeköpfe? Die Pferde sind falsch beigezäumt, und jeder Druck auf das Pferdemaul von oben: nach unten - wo wirken alle Hilfszüge!? - verursacht beim Nachgeben ein Reagieren nach oben gegen die Hand. Die Gegenwirkung des Pferdes mit dem Schlagen des Kopfes ist dann vollendet."

„Jeder Hilfszügel ‘richtet auf’, zäumt aber niemals bei - oder wenn, dann eben falsch."

„Es gibt hier nur eine Lösung, und diese ist keine schwarze Kunst: Das Springpferd immer wieder in die Tiefe arbeiten und lösen und nochmals lösen, und zwar sowohl im Genick wie im Rücken und vor allem in der Hinterhand.”

„Dazu kommt das viel zu frühe Springen junger, talentierter Pferde über zu große Höhen und das allzu viele Springen in den Arbeit!" Den Leuten, welche gegenüber den obenstehenden Gedanken auf die doch vorhandenen Erfolge hinweisen, antwortet Barnekow: „Bei richtig gearbeiteten Pferden wären diese Erfolge noch größer. Die guten Pferde würden über zehn Jahre und mehr ihre Pflicht tun und dabei gesund bleiben."

Abschließend kritisiert der bekannte Fachmann, dass die Vernachlässigung des korrekten Sitzes „im Schwerpunkt mit dem Pferde" mehr und mehr um sich gegriffen hat. Er sagt dazu: „Man komme nicht mit dem Argument der Individualisten und der Stilisten. Diese Argumente sind nur eine Eselsbrücke, denn es gibt nur einen richtigen Sitz; den man erlernt haben muss, wobei man stetig an sich arbeiten sollte, um ihn zu verbesser. Man kann auch über heutige, oft artistische Parcours noch im korrekten klassischen Stil reiten. Siehe Jonqueres d'Oriola in Tokio. Keinesfalls eine Ausnahme, sondern gekonnt, erlernt und erhaIten!"

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