Historie: Wie grüße ich richtig?

Erschienen am 10.06.2020
 

 

Pferdesport im Osten Deutschlands vor der Wiedervereinigung.

In loser Folge wollen wir mit historischen Beiträgen, Turnierergebnissen und Fotos an die Zeit des Pferdesports vor 1990 erinnern.

Heute ein weiterer Beitrag von Erich Oese aus aus der DDR-Fachzeitschrift "Pferde und Sport" Ausgabe 9/1963. Erich Oese, der 2012 im Alter von 85 starb, wurde in Redeberg geboren und war nach den II. Weltkrieg hauptberuflich als Englisch-Dolmetscher und Russisch-Lehrer tätig. 1951 folgte er dem Ruf der neu gegründeten Pferdesportorganisation der DDR aus Berlin und wwar seit dem Mitglied im Präsidium des Deutschen Pferdesportverbandes (DPV) der DDR. Er hatte im Laufe der Jahrzehnte viele Funktionen und Aufgaben. So war er beispielsweise zu Beginn Nachwuchstrainer, später Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums und zuletzt als Geschäftsführer des DPV tätig. Auch als Autor mehrerer Fachbücher, verdankt ihm der DDR Pferdesport sehr viel. Wie der folgende Beitrag verdeutlicht, war ihm die Estetik des Pferdesports und das korrekte Auftreten der Reiter in der Öffentlichkeit ein wichtiges Anliegen.

Heute:

Wie grüße ich richtig?

Ein kürzlich bei einem Turnier erfolgter Aufmarsch, bei dem eine Reiterin mit strahlendem Lächeln beim Vorbeidefilieren vor der Richtertribüne - die Kappe zog, ist der Anlass zu diesen Zeilen. Die Grußformen sind ein fester Bestandteil des öffentlichen Auftretens von Reitern. Es gibt für sie feststehende Regeln, die aber leider noch nicht überall beachtet werden, wie das oben geschilderte und viele andere Beispiele beweisen.

Reiter in Zivil grüßen durch Abnehmen der Reitkappe mit der rechten Hand. Die evtl. in der rechten Hand getragene Reitpeitsche ist vor dem Gruß an die linke Hand zu übergeben. Die abgenommene Reitkappe ist mit ausgestrecktem Arm so zu halten, dass das Innenfutter nach dem Sattel weist. Der Oberkörper bleibt dabei ruhig, der Blick geradeaus, auf die Richter gerichtet. Die Regeln für Reiterinnen sind etwas komplizierter, aber sie nehmen natürlich niemals die Kopfbedec­kung ab.

Reitet eine Dressurreiterin ohne Gerte in das Dressurviereck ein, so grüßt sie die Richter durch Herabfallenlassen des rechten Armes hinter den Oberschenkel und leichtes Neigen des Kopfes. Verbeugungen mit dem Oberkörper sind ebenso unangebracht wie eine Begrüßung lediglich durch „Augenzwinkern". Das Auflegen der rechten Hand auf den Oberschenkel ist unschön.

Mit der Gerte führt die Dressurreiterin ihren Gruß genauso aus wie vorher beschrieben, und die Gerte bleibt dabei in der herabhängenden rechten Hand.

Eine besonders nette und graziös wirkende Form des Grußes hat sich für die Springreiterinnen entwickelt. Sie heben die rechte Hand mit der Peitsche etwa in Höhe der rechten Brust empor und neigen dabei den Kopf. -Diese Gruß form kann außerordentlich elegant aussehen - wenn sie geübt worden ist. Nichts beeinträchtigt das elegante Aussehen zu Pferde mehr als ein ungelenker Gruß mit schrägstehender Peitsche, die womöglich noch am Knopf angefasst wird.

Richtig fassen Reiterinnen ihre Peitsche etwa 1 ½ bis 2 Hände breit unterhalb des oberen Endes (je nach Länge der Peitsche) und führen sie so nach aufwärts vor die rechte Brustseite, dass sich das obere Ende der Peitsche etwa in Höhe des Schirmes der Reitkappe befindet, die rechte Hand in Höhe der rechten Brust steht, der rechte Oberarm angelegt bleibt, die rechte Hand im Handgelenk etwas nach außen gerundet wird, so dass sie mit dem Handrücken in Richtung des Pferdekopfes weist und die Peitsche senkrecht bleibt. Springreiterinnen, die aus irgendeinem Grunde keine Peitsche mitführen, grüßen wie die Dressurreiterinnen ohne Peitsche.

Bei Aufmärschen u. dergl., bei denen der Gruß erwiesen wird, tragen alle Reiterinnen grundsätzlich die Peitsche und grüßen mit ihr. (Übrigens muss man bei Aufmärschen - und das gilt nicht nur für Reiterinnen - die zu grüßenden Personen anblicken.)

Ein schöner Brauch ist in den letzten Jahren in der internationalen Reiterwelt aufgekommen und hat auch bei uns Verbreitung gefunden. Leider setzt er sich erst langsam durch:

Dem Reiter ist es nicht möglich, den Zuschauern nach dem Ritt für den gespendeten Applaus zu danken, wenn er den Ritt beendet hat. Aus dem Bestreben, dies zu ändern, mag der Gruß auf der Ehrenrunde entstanden sein. Dazu muss die Ehrenrunde auf der rechten Hand ausgeführt werden. Während der gesamten Ehrenrunde wird dann der Gruß ausgeführt, d.h., es muss mit einer Hand geritten werden. Reiterinnen können auf der Ehrenrunde nicht mit der Peitsche grüßen, sondern tun dies durch Herabfallenlassen des rechten Armes. Diesem schönen Brauch muss überall Geltung verschafft werden.

Zum festen Bestandteil des Zeremoniells einer Pferdeleistungsprüfung gehört auch die Erwiderung des Grußes der Reiter durch die Richter. Hierzu gehört auch, dass die Richter sich zur Erwiderung des Grußes von Reiterinnen (mit Ausnahme von Juniorenprüfungen) erheben, wenn sie sich den Ruf eines höflichen Menschen erhalten wollen. Der Reiter, der im Blickpunkt des Publikums steht, darf erwarten, dass ihm für seinen Gruß höflich gedankt wird. Selbst der meistbeschäftigte Richter muss dazu Zeit haben. „Erich Oese in „Pferd und Sport“ der DDR 1963)

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