Springpferd mit Schlachtwert

Erschienen am 23.12.2017

Der Bundesgerichtshof hat schon vor mehreren Jahren entschieden, dass ein Pferdekaufvertrag bei einem überhöhten Kaufpreis wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein kann. Dieser Auffassung hat sich das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) in einem Fall angeschlossen, bei dem das gekaufte "Reitpferd" nur Schlachtwert hatte.

Der Fall

Ein Pferdehändler hatte im Rahmen der Vertragsverhandlungen erwähnt, dass das als Springpferd für eine Hobbyreiterin angebotene Pferd wohl "irgendeinen Röntgenbefund" habe, als Freizeitreitpferd aber auch zum Einsatz in Springprüfungen geeignet sei. Tatsächlich hatten bereits verschiedene Tierärzte bei dem Pferd Röntgenbefunde und rezidivierende Lahmheiten festgestellt. Die veranlassten einen vom Landgericht beauftragten Sachverständigen, das Pferd als unverkäuflich einzustufen. Der Wert sei mit dem Schlachtpreis zu veranschlagen, der mit etwa 400 bis 600 EUR zu beziffern sei.

Der Verkäufer hatte übrigens auch noch versucht, einen Kommissionsvertrag zu konstruieren, in welchem er einen bei ihm tätigen Pferdepfleger als Verkäufer einsetzt hatte. Dieser Pferdepfleger wiederum hatte das Vertragsformular blanko unterzeichnet.

Wer ist Verkäufer?

Es versteht sich von selbst, dass grundsätzlich irgendwelche Ansprüche des Käufers wegen Mängeln des gekauften Pferdes nur gegenüber seinem Vertragspartner, dem Verkäufer geltend gemacht werden können. In dem in erster Instanz vom Landgericht Heilbronn entschiedenen Rechtsstreit nützte es dem beklagten Pferdehändler nichts, dass er seinen Pferdepfleger als Verkäufer eingesetzt hatte. Er hat dem Gericht nicht plausibel machen können, dass der der tatsächlich Verkäufer war, zumal der Kaufpreis an den Pferdehändler gezahlt worden ist. Das OLG hatte schließlich auch seine Zweifel deswegen, weil der Pfleger von seinem Arbeitgeber lediglich 100 EUR im Monat als Lohn erhalten habe, daneben aber noch eine Rente bezogen haben soll. Im Gegensatz stand dazu allerdings die Äußerung des Beklagten, der Pfleger habe kein Konto, weshalb der Kaufpreis dann an ihn überwiesen worden sei.

Schon das Landgericht hatte keine Zweifel, dass der Pferdehändler der richtige Beklagte war. Das OLG bestätigte diese Auffassung. Nach seiner Auffassung betraf der Pferdekaufvertrag ausschließlich das Geschäft des gewerblichen Händlers.

Die Sittenwidrigkeit

Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige hatte die zu dem Pferd existierenden tierärztlichen Befundberichte ausgewertet und kam danach zu dem Ergebnis, dass das Pferd nicht als Reitpferd, erst recht nicht als Springpferd tauge.

Auf Grund der erheblichen Röntgenbefunde und wiederholt aufgetretener Lahmheiten sei der Wert mit dem Schlachtpreis zu beziffern.
Das Gericht stellte daraufhin fest, dass ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis von 7.000 EUR und dem tatsächlichen Wert des Pferdes schon bei Abschluss des Kaufvertrages bestanden habe. Der Kaufpreis war daher in sittenwidriger Weise überhöht, der Kaufvertrag wegen Wuchers nichtig.

Für die Annahme der Sittenwidrigkeit genügt nicht allein das grobe Missverhältnis zwischen Leistung (Kaufpreis) und Gegenleistung (Wert des Pferdes). Es muss hinzukommen, dass der Verkäufer das grobe Missverhältnis kennt und sich die mangelnde Sachkunde des Käufers zu Nutze macht. Das Landgericht kam zu der Feststellung, dass der Händler die Unerfahrenheit der Käuferin zum eigenen Vermögensvorteil ausgebeutet habe. Es habe ein wesentliches Informati­onsgefälle zwischen der gänzlich unerfahrenen Klägerin und dem Beklagten als gewerblichem Pferdehändler bestanden. Dem sei eine Deutung der tierärztlichen Befunde möglich gewesen, dafür spreche bereits, dass in dem konkreten Fall nicht nur ein auffälliges, sondern sogar ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Wert des Pferdes anzunehmen sei.

Ergebnis

In beiden Instanzen sind die Gerichte von der Unwirksamkeit des Kaufvertrages ausgegangen und deswegen auch von der Verpflichtung des Verkäufers, den Kaufpreis zurückzuzahlen.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte/Fachanwälte

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