Helmuth Gille wird 85

Erschienen am 23.04.2024

Heute wird ein Urgestein des Pferdesports, Helmuth Gille, 85 Jahre alt oder soll man lieber sagen jung? Man nennt ihn auch den Hugo Simon des Ostens. Es ist unglaublich was Helmuth bis ins hohe Alter im Sattel geleistet hat. Sein letzter Sieg in einem M-Springen war am 10. September vorigen Jahres in Dortmund-Barop mit seiner 20-jährigen Rappstute Dewender’s Little Celina. Das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen. Wie viele seiner Sportkameraden aus Geburtsjahren die seinem ähneln, mit denen er als Jugendlicher und später zusammen ritt, sind nicht mehr unter uns bzw. verfolgen das Geschehen mehr oder weniger gebrechlich nur noch sporadisch.

Nicht so Helmuth Gille, der noch aktiv reitet und sogar in einem Reitstall im Ruhrgebiet, wo er seit 2014 in Herne bei seiner Tochter Manja lebt die Pferdewirtschaftsmeisterin ist, von morgens bis abends Dienste verrichtet. Ob es einen weiteren Springreiter in Deutschland gibt, der mit 84 Jahren noch in Siegerlisten mittelschwerer Springen steht, wäre eine Recherche seitens der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) wert.

Helmut Gille im Jahre 1965 mit Flugwind. © Gert Kilian

Helmut Gille im Jahre 1965 mit Flugwind. © Gert Kilian

Reiten war immer das Leben des Olympiateilnehmers von 1972. Geboren ist Helmuth in Zethlingen (Sachsen-Anhalt) wo er als Landwirtsohn das Fleischerhandwerk erlernte. Dort begann er sehr erfolgreich mit dem Reitsport, worauf die Führung des damaligen SC Dynamo Hoppegarten aufmerksam wurde und ihn 1962 zu sich in den Polizeisportclub holte. Seine Karriere ging steil bergauf, zumal er zwei leistungsstarke Pferde mitbrachte. Bereits 1963 nahm er erfolgreich zusammen mit Ottos Fiege, Arndt Hartmann, Otto Rensch und Reinhold Schiele an den CSI‘s in Helsinki und Niinisalo (Finnland) teil, wurde in Helsinke viermal Zweiter und gehört in Niinisalo zum siegreichen Mannschaftsteam.

In den Schriften von Erich Oese, die im Buch „Der Pferdesport in der DDR 1951-1990“ festgehalten sind, wird der Name Helmuth Gille 157 Mal erwähnt. Allein das zeugt von seinen Erfolgen und Aktivitäten. Das Titelfoto dieses Buches zeigt ihn auf Sandor zusammen mit seinen damaligen DDR-Nationalmannschaftskollegen Fredo Kasten (ASK Potsdam) auf Oleander, Rudi Beerbohm (SC Halle-Kreuz) auf Domos und Werner Hakus (SC Dynamo Hoppegarten) auf Koran im Jahre 1966, als er mit seinen Kameraden beim CSIO in Olsztyn (Polen) den Nationenpreis gewann. Ein Restbestand dieses Buches kann auf der Hompage www.hippothek.de oder unter +49 172 3806933 noch erworben werden.

Auch 1964 war Helmuth Gille in Olstzyn mit Vasalltaube dabei, als das Team den 3. Platz im Nationenpreis gewann. Die Stute verlor er im selben Jahr beim Turnier in Demmin leider auf tragische Weise. In 12 Nationenpreisen konnte sich Helmuth Gille mit den Pferden Vasalltraube, Sandor, Adrian, Biango und Dobrock II platzieren. 1966 wurde er in der Championatswertung der DDR-Springreiter Zweiter hinter seinem Club-Kollegen Werner Hakus. Fünf Medaillen zieren seinen Trophäenschrank bei DDR-Meisterschaften. 1968 wurde er in Berlin-Weißensee auf Biango Titelträger.

Als die Springmannschaft des SC Dynamo Hoppegarten aufgelöst wurde wechselten einige Reiter ins Vielseitigkeitslager. Helmuth Gille ritt unter anderen die Englische Vollblutstute Pflicht und nahm mit ihr 1972 an den Olympischen Spielen in München teil, wo er zusammen mit Rudi Beerbohm auf Ingolf, Jens Niehls auf Big Ben und Joachim Brohmann auf Uranio Fünfter in der Mannschaftswertung wurde.

Ende der 1980er Jahre, als die Club-Zeiten lange vorbei waren, ritt er in Neuenhagen und begeisterte in vielen Springen mit dem recht kleinen Schimmelwallach Rascall. Beim Salzwedeler Adventsturnier gewann er bei Höhen um die 2 Meter mehrere Mächtigkeitsspringen. Nach der Wende ging Hellmuth Gille nach Marxdorf, betätigte sich auch als Pferdezüchter, ritt zwei seiner selbstgezogenen Pferde erfolgreich (auch später im Ruhrgebiet) und trainierte einige Jahre den Brandenburger Springnachwuchs.

Über seine Gesamterfolge zu DDR-Zeiten gibt es leider keine exakten Erhebungen. Es werden aber jenseits der 3.000 Platzierungen gewesen sein. Seine Erfolge im gesamtdeutschen Pferdesport die ihn nicht mehr als Professional ausweisen wie zu Zeiten beim SC Dynamo Hoppegarte, weisen 572 Platzierungen aus, darunter 113 Siege. Möge ihm die Gesundheit und der Spaß am Reitsport noch viele Jahre erhalten bleiben. (fw)

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