Die Haftung des Veranstalters
Erschienen am 23.05.2014
Bereits wiederholt haben sich Gerichte mit der Haftung des Turnierveranstalters gegenüber Teilnehmern und Pferdebesitzern auseinandergesetzt. An einem Beispielsfall soll erläutert werden, inwieweit der Veranstalter Möglichkeiten hat, sein Haftungsrisiko zu begrenzen.
Die Rechtslage
Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht in der Ausschreibung eines Turniers ein "Preisausschreiben", also ein einseitiges Rechtsgeschäft. Ob diese Ansicht ungeteilte Zustimmung verdient, sei dahingestellt. Es dürfte eher von einem zweiseitigen Vertrag auszugehen sein, der einerseits den Teilnehmer verpflichtet, die Einsätze zu zahlen und andererseits den Veranstalter, die Startmöglichkeit einzuräumen. Unabhängig von der rechtlichen Qualität des Vertragsverhältnisses zwischen Turnierveranstalter und Teilnehmer geht der BGH davon aus, dass der Pferdeeigentümer, der sein Pferd auf dem Turnier vorstellen lässt, Ansprüche gegenüber dem Turnierveranstalter geltend machen kann, wenn durch eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sein Pferd zu Schaden kommt. Der BGH wendet die Grundsätze über "den Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter" an. Er vertritt die Auffassung, dass der Turnierveranstalter Schutzpflichten gegenüber dem Pferdeeigentümer hat.
Ein Beispielsfall
Der Veranstalter eines großen Turniers hatte zur Abgrenzung des Abreiteplatzes einen Zaun aufgestellt. Der hatte so genannte "Pfostenschuhe" aus Beton, die innen in die Reitfläche hineinragten. Daran hatte sich ein Pferd eine schwer wiegende Verletzung zugezogen, die letztlich zur Einschläferung des Pferdes führte. Der Eigentümer nahm den Turnierveranstalter auf Schadensersatz in Anspruch. Das Thüringische Oberlandesgericht hat die Forderung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Die Argumentation
Der Veranstalter habe - so das OLG — die Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Abreiteplatz als von den Teilnehmern benutzte Vorbereitungsanlage keine Gefahrenstellen aufweise, die typischerweise von den Reitern nicht erkannt oder vorhersehbar bzw. beherrschbar seien. Den Anforderungen habe der Abreiteplatz des Beklagten nicht entsprochen. In den Abreiteplatz hätten die quer gestellten rechteckigen Betonfüße des Zaunes hineingeragt. Eine Abpolsterung durch Strohballen und sonstiges Material hätten gefehlt. Durch die Verwendung dieser Pfostenschuhe und ihre Anordnung in Richtung Abreiteplatz habe der Beklagte eine Gefahrenquelle geschaffen, die zur Verletzung der auf dem Turnier vorgestellten Pferde geeignet gewesen sei. Dadurch habe der Veranstalter die ihm gegenüber den Teilnehmern bestehende Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Die Verkehrssicherungspflicht
Die Entscheidung des Thüringischen OLG hat durchaus grundsätzliche Bedeutung. Sie lässt sich aus nachfolgenden Leitsätzen ableiten:
- Der Veranstalter eines Reit- und Springturniers ist verpflichtet, eine geeignete Wettkampfanlage zur Verfügung zu stellen, die keine Gefahren aufweist, die über das übliche Risiko hinausgehen und mit denen die Turnierteilnehmer nicht zu rechnen brauchen.
- Handelt es sich um ein internationales Turnier, sind höhere Anforderungen an die sichere Beschaffenheit der Wettkampf- anlagen zu stellen als z. B. bei einem ländlichen Reitturnier auf einem bäuerlichen Wiesengelände.
Fazit
Den Veranstalter eines Turniers trifft eine Verkehrssicherungspflicht, die umso höher anzusiedeln ist, je bedeutsamer die Veranstaltung ist. Insoweit wird also auch auf die Zumutbarkeit von Vorsorgemaßnahmen und damit auch den wirtschaftlichen Aufwand Rücksicht genommen. Allerdings ist der finanzielle Aufwand zur Beseitigung der Gefahrenquellen nicht der entscheidende Gesichtspunkt. Je höher das Risiko einer Schädigung von Teilnehmern und/oder Pferden, desto strenger die Anforderung an die Verkehrssicherungspflicht.
Der Haftungsausschluss
Der Veranstalter hat durchaus die Möglichkeit, seine Haftung zu begrenzen. Der Versuch wird in vielen Ausschreibungen durchaus unternommen, leider oftmals nicht in der in rechtlich wirksamer Form.
Die Ausschreibungen stellen so genannte Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Die unterliegen einer gerichtlichen Wirksamkeitskontrolle.
Insbesondere ist darauf zu achten, dass von allen Haftungsbeschränkungen
- die Haftung für Personenschäden und
- anderweitige Schäden, die auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Veranstalters beruhen,
ausgenommen sind. Wird diese gesetzliche Vorgabe missachtet, ist der gesamte Haftungsausschluss unwirksam. Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem Pferdeeigentümer oder Reiter um einen Unternehmer im Rechtssinne handelt. Darauf hat das Thüringische OLG zu Recht hingewiesen.
Dr. Plewa/Dr. Schliecker
Rechtsanwälte