Bei fehlerhafter Verkaufsuntersuchung haftet der Tierarzt auch gegenüber dem Käufer

Erschienen am 14.05.2020

In vorgedruckten Vertragsformularen von Tierärzten befindet sich manchmal eine Klausel, wonach der Tierarzt jedenfalls nicht gegenüber dem Käufer haftet, der Verkäufer Auftraggeber des Tierarztes war. Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob eine solche Regelung wirksam ist.

Sachverhalt

Es ist oftmals ein von Käufer und Verkäufer beim Pferdekauf wenig beachtete Frage, wer den Tierarzt mit der Kaufuntersuchung beauftragt. Der Begriff umfasst, abhängig vom Auftraggeber, die Verkaufsuntersuchung und die Ankaufsuntersuchung. Der Sinn ist derselbe: Der Gesundheitszustand des Pferdes soll im Hinblick auf die Verkäuflichkeit ermittelt werden und so auch eine Grundlage für die Kaufentscheidung, oftmals außerdem auch Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung. Die Tierärzte sind verständlicherweise daran interessiert, ihre Haftung für Fehler, z. B. das Übersehen von Röntgenbefunden, zu begrenzen. Deswegen sehen die Vertragsformulare teilweise eine Haftung nur in beschränkter Form gegenüber dem Auftraggeber und einen Haftungsausschluss im Verhältnis zum Dritten vor. Danach würde der Käufer bei der Verkaufsuntersuchung grundsätzlich keine Ansprüche geltend machen können.

Zur Rechtslage

Dem Tierarzt ist bei Durchführung der Kaufuntersuchung, auch wenn sie vom Verkäufer in Auftrag gegeben wurde, bewusst, dass der Inhalt des Untersuchungsprotokolls und somit das gesamte Ergebnis der Untersuchung dem Käufer zugänglich gemacht wird. Schließlich hat der meistens sogar ein höheres Interesse daran, den Gesundheitszustand zu erfahren, um sich für oder gegen den Kauf des Pferdes zu entscheiden, als der Verkäufer. Vor diesem Hintergrund erscheint es dann schon sehr befremdend, wenn gegenüber dem Käufer für eine tierärztliche Verpflichtung keine Haftung existieren soll.

Das wäre insbesondere dann für den Käufer von einem entscheidenden Nachteil, wenn der Verkäufer seinerseits berechtigterweise seine Haftung für Sachmängel ausgeschlossen hat. Unter dem Strich würde dann der Tierarzt letztlich gar nicht in Anspruch genommen werden können, da zwangsläufig der Verkäufer überhaupt gar kein Interesse daran hat, selbst bei einem erkannten Ergebnis den Tierarzt auf Schadensersatzanspruch in Anspruch zu nehmen, weil dem einfach kein Schaden entsteht.

Vor dem Hintergrund dieser Interessenlage hat das OLG Hamm schon 2013 entschieden, dass eine Haftungsfreizeichnungsklausel, die den Käufer des untersuchten Pferdes gegenüber dem Tierarzt rechtlos stellt, unwirksam ist. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) schlechterdings nicht vereinbar ist einerseits die Haftung für die tierärztliche Pflichtverletzung ganz auszuschließen, andererseits aber durch die Protokollierung des Untersuchungsergebnisses - auch - zur Vorlage beim Käufer einen Vertrauenstatbestand zu schaffen. Außerdem meint das Gericht, es läge insoweit eine Überraschungsklausel vor, mit welcher der Käufer nicht rechnen könne und müsse. Es ist schwer nachvollziehbar, weil die Kaufuntersuchung eben noch gerade für den Käufer von ganz wesentlicher Bedeutung ist und es mit dem Anspruch auf Mitteilung eines richtigen Untersuchungsergebnisses nicht vereinbar wäre, wenn haftungsrechtlich die Mitteilung des Ergebnisses gänzlich unverbindlich wäre.

Die Gegenmeinung

Vereinzelt wird in der Rechtsprechung eine gegenteilige Meinung vertreten. Allerdings fällt bei näherer Betrachtung auf, dass sich die Gerichte mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Kaufuntersuchung für den Käufer weniger in Verbindung gesetzt haben als mit der abstrakten Beantwortung der Rechtsfrage, wie weit die Schutzwirkung eines Vertrages zugunsten des Nichtvertragspartners durch Vertragsklauseln beseitigt werden kann.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker, Rechtsanwälte/Fachanwälte

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