Pferdehaltung im Dorfgebiet

Erschienen am 19.11.2019

Das Verwaltungsgericht Gießen zeigte Verständnis für das Anliegen eines Pferdeliebhabers, der in der Nähe seines Wohnhauses einen Offenstall errichtet hatte zur Haltung seiner Hobbypferde. Es bestätigte die Wirksamkeit einer dem Pferdehalter erteilten Baugenehmigung.

Der Streitgegenstand

Die zuständige Baubehörde hatte dem Pferdehalter die Baugenehmigung für einen Pferde-Offenstall erteilt. Dagegen hat der Eigentümer eines in der Nähe gelegenen und zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks geklagt mit der Begründung, er befürchte die Beeinträchtigung seines Grundstücks durch vermehrtes Aufkommen von Insekten, außerdem durch unangenehme Geruchsbelästigung. Die Richter des Verwaltungsgerichts (VG) ließen diese Argumente nicht gelten.

Wesentlich: Die Lage

Die Grundstücke des Pferdeeigentümers und das Wohngrundstück lagen in einem „faktischen Dorfgebiet". Es existierte insoweit kein Bebauungsplan. Auch im unbeplanten Innenbereich bestehe der gesetzliche Nachbarschutz. Es sei aber für die Qualifikation als Dorfgebiet nicht nötig, dass auf den landwirtschaftlichen Höfen tatsächlich zum Zeitpunkt der Errichtung des Offenstalls noch Landwirtschaft oder Großtierhaltung betrieben werde. Es reiche vielmehr aus, dass die Gebäudestruktur grundsätzlich die Möglichkeit eröffne, dass sich wieder Landwirte ansiedeln und eine landwirtschaftliche Nutzung betreiben könnten.

Das VG sah es auch nicht als entscheidend an, dass der Pferdefreund die Pferde nicht im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern zu Hobbyzwecken hielt. In einem Dorfgebiet müssten nämlich grundsätzlich Emissionen der Großtierhaltung hingenommen werden. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob die Tierhaltung eine landwirtschaftliche oder eine hobbymäßige sei. Die Pferdehaltung „stelle eine als Annex zur Wohnnutzung anzusehende Freizeitnutzung dar".

Fazit

Nach den vom VG Gießen angelegten Maßstäben ist in einem Dorfgebiet, anders als in einem Wohngebiet, eine Hobbypferdehaltung und der Betrieb eines Offenstalls nicht unzulässig. Vielmehr sei eine solche Tierhaltung im Dorfgebiet geradezu typisch. Ein Pferdestall für zwei hobbymäßig gehaltene Pferde sei als Nebenanlage zur Wohnnutzung in einem faktischen Dorfgebiet zulässig.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte/Fachanwälte

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