Die Beweislast im Tierarzthaftungsprozess

Erschienen am 12.06.2019
 

 

Für die Humanmedizin ist im BGB ausdrücklich geregelt, dass bei einem groben Behandlungsfehler der Arzt beweisen muss, dass der dem Patienten entstandene Schaden auch dann nicht vermeidbar gewesen wäre, wenn der Arzt pflichtgemäß gehandelt hätte. Der Bundesgerichtshof hat diesen Grundsatz für die Veterinärmedizin übernommen.

Ein Beispielsfall

Der Kläger eines Rechtsstreits verlangte einen hohen sechsstelligen Betrag als Schadensersatz dafür, dass sein Pferd in der Folge einer tierärztlichen Behandlung verendet war. Das Pferd war wegen einer Lahmheit untersucht und therapiert worden, zuletzt am Tage des Schadenseintritts durch eine intravenöse Injektion von Arnika. Das Pferd erlitt einen anaphylaktischen Schock und war letztlich nicht zu retten.

Das mit dem Fall befasste Gericht sah auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens keinen Behandlungsfehler darin, dass überhaupt zur Lahmheitsbehandlung Arnika und daneben Hyaluronsäure eingesetzt wurden. Fehlerhaft aber sei es gewesen, Arnika intravenös zu verabreichen. Insoweit habe der Tierarzt gegen den Grundsatz verstoßen, die jeweils risikoärmste Methode anwenden zu müssen. Es wäre allenfalls eine subkutane Injektion vertretbar gewesen.

Der grobe Behandlungsfehler

Das Gericht ging so weit, in der fehlerhaften Injektion einen groben Behandlungsfehler zu sehen. Das hatte zur Folge, dass der Tierarzt hätte nachweisen müssen, dass bei ordnungsgemäßem Vorgehen das Pferd nicht verendet wäre. Der Beweis war selbstverständlich nicht zu führen.

Zur Schadenshöhe

Enttäuschend verlief der Rechtsstreit im Ergebnis dennoch für den Kläger. Es ging nämlich letztlich primär um die Höhe des ihm entstandenen Schadens. Die Klagesumme von mehr als 300.000,00 EUR hatte er errechnet auf der Grundlage des aufgewendeten Kaufpreises und der von dem Pferd erzielten Turniererfolge, darunter Siege und Platzierung in S-Dressuren.

Der mit der Bewertung des Pferdes beauftragte Sachverständige allerdings hatte nach Vorgabe des Gerichts auch zu berücksichtigen, dass bei dem Pferd schon im Rahmen einer Kaufuntersuchung von der Norm abweichende Befunde festgestellt worden waren und dass das Pferd wiederholt Lahmheiten gezeigt hatte, die nach Auskunft des veterinärmedizinischen Gutachters auf Dauer nicht definitiv erfolgreich hätten therapiert werden können. Zu bewerten war daher nach Auffassung des Gerichts ein "angeschlagenes" Pferd.

Die Entscheidung

Letztlich zugesprochen wurde dem Kläger ein Betrag unterhalb von 10.000,00 ?, also einem geringen Bruchteil dessen, was eingeklagt worden war. Das Gericht war nämlich der Auffassung, dass die Beweislastumkehr, wie sie für den groben Behandlungsfehler auch in der Veterinärmedizin gilt, sich nicht auf die Schadenshöhe erstreckt.

Das Oberlandesgericht führte aus: Die Beweislastumkehr bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers betrifft den kausalen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem eingetretenen Schaden, nicht jedoch die Höhe des Schadens.

Der Bundesgerichtshof hat durch Zurückweisung der gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts eingereichten Beschwerde die Rechtsauffassung bestätigt.

Fazit

Bei Schadensersatzansprüchen wegen eines Behandlungsfehlers des Tierarztes ist generell zu berücksichtigen, dass dem Tierarzt ein "krankes" Pferd vorgestellt wird. Die Erkrankung kann sich erheblich auf die Feststellung der Schadenshöhe auswirken.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte/Fachanwälte

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