Was macht eigentlich Derbysieger NACORDE?

Erschienen am 15.12.2017

Dreimal hat der Concorde-Sohn mit André Thieme das Deutsche Springderby in Hamburg gewonnen, war auf den großen Derbyplätzen in Hickstedt und Falsterbo Zweiter und Dritter und bestritt erfolgreich vier Nationenpreis für Deutschland, darunter ein Sieg in Tallinn.

Seit 14 Jahren ist Fiete Biemann Besitzer von Nacorde, beide sind gemeinsam durch Dick und Dünn gegangen, haben sich miteinander gefreut und gelitten. Bei den großen Turnierauftritten war sich der Unternehmer nie für den Job als Pfleger von Nacorde zu schade. Foto: Jutta Wego

In Zeiten des Ruhms stehen Reiter und Pferde im Rampenlicht. Wenn die Karriere beendet wird, sind sie schnell vergessen. Wir haben uns erkundigt, was aus NACORDE geworden ist, mit dem der Mecklenburger André Thieme dreimal das Deutsche Springderby gewonnen hat.

Die gute Nachricht vorweg - wir fanden Nacorde putz munter, in dickem Teddybär-Fell mit weiteren Artgenossen, auf der Winterweide in Bütow, Ortsteil Dambeck Wackstorfer Berge, wo der Unternehmer Friedrich-Wilhelm Biemann eine schmucke Reitanlage gebaut hat, die seit diesem Sommer von Benjamin Wulschner bewirtschaftet wird. Das Fell war durch sein lebensfrohes Wälzen mit Erdboden beschmutzt, wie er durch die anhaltende Feuchtigkeit gegenwärtig überall zu finden ist.

Auf der Winterweide genießt Nacorde mit Stallgefährten sein Rentnerdasein, immer umsorgt und gehegt von seinem Besitzer Friedrich-Wilhelm Biemann. Foto: Jutta Wego

Besitzer Friedrich-Wilhelm Biemann, der die RAW Biemann GmbH betreibt und im benachbarten Minzow (ganz in der Nähe der Müritz-Stadt Röbel) zu Hause ist, führte uns zu dem Ausnahmepferd. Man merkte ihm auch nach Jahren des Ruhestands von Nacorde an, dass er immer noch mächtig stolz ist so ein Pferd in seinem Besitz zu haben, dass er seine ganze Karriere hindurch intensiv begleitet hat und jetzt im Alter von 23 Jahren naturbelassen hegt und umsorgt.

"Nacorde kam 2004 zu mir, als er bereits neunjährig war", erinnert sich Biemann. "Das war eher Zufall, denn eigentlich wollte ich von Paul Hendrix Neander kaufen (Red. ein holländischer Reitstallbesitzer), den dieser André Thieme seit 2002 in Beritt gegeben hat. Bevor André zu mir kam, hat er mit Hendrix viel zusammengearbeitet und mit Neander bis 2007 viele internationale Erfolge erzielt". Auch Conthendrix hat André, der jetzt ihm gehört, von Hendrix übernommen. Die letzten gemeinsamen Auftritte von Thieme mit dem Zeolit-Sohn Neander endeten Ende 2007 in Leszno und Poznan (Polen) mit Siegen in den Großen Preisen und Anfang 2008 beim CSI Neustadt-Dosse mit dem Sieg im Mächtigkeitsspringen. Biemann bedauerte, dass ein Kauf am Preis scheiterte.

Bereits als Fohlen sorgte Nacorde mit seiner großen Ausstrahlungskraft für Aufmerksamkeit. Aber keiner konnte ahnen, dass er mal ein Weltpferd werden würde und dreimal infolge "Pferd des Jahres" in seinem Geburtsland Niederlande. Foto: privat

Biemann weiter: "Dafür bot mir Emil Hendrix Nacorde an, fügte aber gleich hinzu, dass das ein sehr starkes und spezielles Pferd ist, mit schwieriger Lenkung. Er wurde bis dahin, bis auf seinen letzten Reiter, mehr schlecht als recht von Holländern geritten. Ich entschloss mich dennoch das Pferd zu kaufen". Fiete, wie Biemann in Freundeskreisen genannt wird, erzählte von den Schwierigkeiten am Anfang. Die Rittigkeit stellte sich tatsächlich als Problem heraus. So kam es wie es kommen musste - der erste gemeinsame Auftritt im Juli 2004 in Schwerin-Sukow ging daneben.

Doch André merkte welche Kapazität das Pferd hatte und kniete sich intensiv in die dressurmäßige Arbeit und von Tag zu Tag gab es Fortschritte. Gleichwohl suchte er nach einem passenden Gebiss, das seine Einwirkungen ein wenig unterstützt. Die ersten gemeinsamen Schleifen für André Thieme und Nacorde gab es im Juli 2004 in Rothenburg bei Pasewalk, wo sie in einem M- und S-Springen das Stechen erreichten. An kurze Wendungen im Stechen war aber noch nicht zu denken. Aber immerhin, der Anfang war gemacht, man freundete sich allmählich an und am 10. September gewannen sie ihr erstes gemeinsames S-Springen - ausgerechnet ein Zeitspringen - im sächsischen Grimma.

Das Hamburger Derby und der Große Derbywall waren für André Thieme und Nacorde sieben Jahre infolge das Ziel jeder Trainingsarbeit. Foto: Jutta Wego

Nun ging die Karriere für Nacorde steil nach oben. "Dennoch blieb er eine Pferdepersönlichkeit von besonderer Art und der Erfolg stellte sich nur ein, wenn ich ihn auf meiner Seite hatte und wir zusammen, nicht gegeneinander gearbeitet haben", so Thieme. 2005 gehörten André Thieme und Nacorde schon zu den Paarungen, die man bis zu Drei-Sterne-Prüfungen immer auf der Rechnung haben musste. Die erste Drei-Sterne-Platzierung gab es im Juni 2005 in Sommerstorf (4. Platz).

Kurze Zeit später gewann Thieme mit Nacorde den Großen Zwei-Sterne-Preis in Neu Benthen und einen Monat später gehörte das Paar zum deutschen Team, das in Tallin (Estland) den Nationenpreis gewann. Weitere drei Nationenpreise sollten folgen. Im August 2005 trug sich André Thieme mit Nacorde in die Sieger-Galerie ein, die die Großen Drei-Sterne-Preise in Mühlengeez gewannen. Seit 2006 setzte André Thieme sein bis dahin bestes Pferd ganz gezielt auf Turnieren ein und bereitete Nacorde explizit auf Höhepunkte vor. Mit dem Sieg im Barrierenspringen beim Weltcup Turnier in Leipzig begann das Jahr 2006 für die Zwei. Für das Jahr war der erste Start beim Deutschen Springderby in Hamburg geplant. Die langen Linien in dem schwersten Parcours der Welt sollten Nacorde wie auf den Leib geschneidert sein und Angst kannte er ohnehin nicht. Letzter Turniereinsatz Ende April in Greifswald-Neuenkirchen, wo das Paar den Großen Preis gewann, dann intensive Konditionsarbeit und Training an den Spezialelementen eines Derbykurses in Passin. Es zahlte sich auf Anhieb aus. André Thieme und Nacorde wurden Zweite. Doch schon damals stellte sich heraus, dass die Holsteiner Wegesprünge eine psychische Hürde für das Königlich Niederländische Warmblutpferd bedeuteten, was in den Folgejahren anhalten und auch bei seinen Fans stets zu Herzklopfen führte. Drei Monate später gewannen sie gemeinsam zum zweiten Mal infolge den Großen Preis von Mühlengeez.

Immer war Nacorde in den Parcours hell wach, wie hier im Großen Preis von Mühlengeez, den er zweimal gewann. Foto: Jutta Wego

Der richtige Durchbruch gelang dem inzwischen weltweit bekannten Erfolgspaar und das nicht nur wegen seiner Derbyqualitäten, 2007. Oberste Prämisse hatte der Derbyplatz in Hamburg Klein Flottbek. Schon in der 2. Qualifikation, die sie auf Rang 4 beendeten, merkte man, dass der Concorde-Sohn sehr gut drauf war. Das sollte sich am Sonntag bestätigen und unter tosendem Beifall gewann das Paar sein erstes Deutsches Springderby. Dass sie im Juli danach auch den Großen Zwei-Sterne-Preis bei der Landesmeisterschaft in Sukow gewannen, sei nur am Rande erwähnt.

Die Derbyvorbereitungen für 2008 erfolgten ähnlich wie schon 2006. Mit dem Sieg im Großen Preis von Forst fuhren André Thieme und Nacorde eine Woche später nach Hamburg. Hohe Platzierung in der Qualifikation und der zweite Derbysieg waren der verdiente Lohn. Wenige Wochen später wurde das Paar Zweiter im Falsterbo-Derby von Schweden.

Ein Jahr später 2009 waren es ausgerechnet zwei seiner Mecklenburger Reiterkollegen die André den Derbysieg streitig machten. Der 3. Platz war dennoch ein weiteres tolles Ergebnis und vor allem eine kollektive und kollegiale Mannschaftsleistung der Mecklenburger. Der Sieg ging in dem Jahr an Thomas Kleis (Gadebusch) auf Carassina und sein Freund Matthias Granzow (Passin) wurde mit Antik Zweiter. Lediglich im Jahre 2010 reichte es nicht zur Treppchen-Platzierung, wie man in anderen Sportarten sagt. Dennoch waren André Thieme und Nacorde auf dem 7. Platz wieder vorn dabei und es gab in beiden Qualifikationen Platzierungen. Derbysieg Nummer 3 folgte mit einem sehr gut aufgelegten Nacorde 2011. Dazu konnte sich das Paar wiederum in beiden Qualifikationen platzieren.

Der Sieg im Großen Preis von Neu Benthen 2005 gehört zu den ersten bedeutenden Erfolgen des Paares Nacorde und André Thieme. Foto: Jutta Wego

In seinem letzten Sportjahr 2012 gewann André Thieme mit Nacorde zunächst das Championat beim CSI3* in Redefin. 14 Tage später reiste das Paar letztmalig zum Derbyplatz nach Hamburg-Klein Flottbek. "Etwas Wehmut war auch dabei, denn wir wussten, dass es nach sieben Mal infolge der letzte Aufritt in Hamburg wird", so Thieme. Es gab zwar keinen Sieg, aber auch mit dem 5. Platz geht Nacorde in die Annalen der Derbyheroen ein. Auf seiner Abschiedstourne (Fiete Biemann und André Thieme waren sich einig, das Erfolgspferd bei bester Gesundheit aus dem Sport zu nehmen) gab es im Juli noch einen Sieg im Großen Preis bei den Berlin-Brandenburger Landesmeisterschaften in Neustadt-Dosse. In Ascherlseben hatten André Thieme und Nacorde im August 2012 ihren letzten öffentlichen Turnierauftritt, der mit einer Platzierung endete.

Die Gesamtbilanz für das Pferd ist gewaltig. Mit 139 Platzierungen (28 Siege) in achteinhalb gemeinsamen Turnierjahren, fast alle in der schweren Klasse, hat Nacorde 270.925 Euro gewonnen. Dreimal infolge wurde der Wallach aus der Zucht der holländischen Familie Berendsen aus Hengelo "Pferd des Jahres" in den Niederlanden. Welch eine Bilanz! "Ich verdanke Fiete und seinem Nacorde unendlich viel. Ich kann sagen, dass Nacorde mir den Weg in den ganz großen internationalen Sport geebnet hat. Wenn es nun auch schon wieder fünf Jahre her sind, bin ich zutiefst dankbar und freue mich vor allem, dass es meinem Freund Nacorde noch so gut geht und er sein Rentnerleben unter der Obhut von Fiete genießen kann", sagt André Thieme. Wir können uns nur anschließen, denn auch uns hat Nacorde mit seinen Erfolgen viel Freude gemacht. (Franz Wego)

Warenkorb

Sie haben 0 Artikel in Ihrem Warenkorb

Warenkorbwert: 0,00€