30 Jahre Mauerfall

Erschienen am 10.11.2019

Ostdeutscher Pferdesport im Wandel der Zeit

1989 erlangten die Begriffe Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung), Reformrichtungen von Michael Gorbatschow in der damaligen Sowjetunion, immer mehr an Bedeutung – so auch im Deutschen Pferdesportverband der DDR.

Das Präsidium des DDR-Pferdesportverbandes nach der Erneuerung: Reinhard Käblein, Eberhard Roick, Erich Oese, Hans-Jürgen Preller, Dr. Rudolf Fuchs, Eberhard Mertens, Heinrich Stürmer und Ralf Breselow (v.l.n.r.). Foto: H.J. Begall

Das Präsidium des DDR-Pferdesportverbandes nach der Erneuerung: Reinhard Käblein, Eberhard Roick, Erich Oese, Hans-Jürgen Preller, Dr. Rudolf Fuchs, Eberhard Mertens, Heinrich Stürmer und Ralf Breselow (v.l.n.r.). Foto: H.J. Begall

„Ab Mitte der 80er-Jahre kamen bei der jährlichen GV (Generalversammlung/d. Red.) der FEI immer wieder osteuropäische Delegierte zu mir, um sich über den zuvor verteufelten Weltcup zu erkundigen: die Sowjets, Polen, Ungarn, Tschechen, Bulgaren, Rumänen und von der DDR der Präsident Flade. So beschloss ich, anlässlich der FEI-GV von März 1989 eine Versammlung der osteuropäischen Länder einzuberufen, um über die Einführung einer Osteuropa-Liga des Weltcups zu diskutieren“, erinnert sich der damalige Weltcup-Direktor Max Ammann aus der Schweiz. Und weiter: „Von den DDR-Offiziellen war Flade der Einzige, der aufgeschlossen war. Breitsprecher, den ich zuvor einige Male getroffen hatte, war ein ängstlicher, verkrampfter Funktionär, Heinrich ein jovialer, aber unverbindlicher Möchte-gern-dabei-sein, Oese eine diskrete graue Maus.“

Mecklenburger Delegation bei DPV-auflösung in Berlin. r. Franz Wego, dahinter Karl-Wilhelm Marquardt, l.v.vorn Dagmar Sagert, Manfred Plath, Bertold Sagert, Hans-Joachim Thamm. Foto: H.J. Begall

Mecklenburger Delegation bei DPV-auflösung in Berlin. r. Franz Wego, dahinter Karl-Wilhelm Marquardt, l.v.vorn Dagmar Sagert, Manfred Plath, Bertold Sagert, Hans-Joachim Thamm. Foto: H.J. Begall

An der Sitzung im März 1989 in Budapest nahmen alle osteuropäischen Länder teil. Aus der DDR waren es Prof. Dietrich Flade und Generalsekretär Detlef Kröber. Es wurde beschlossen, eine „Zentraleuropäische Liga“ zu schaffen. Von Seiten der DDR wurde zunächst 1989 Gera in den Kalender aufgenommen.

Zum Auftakt der Weltcup-Saison im polnischen Gestüt Iwno kam Bernd Schiele vom Hengstdepot Neustadt/Dosse, der heute in der Nähe von Perleberg (Prignitz) eine eigene Anlage besitzt, auf Mosaik hinter vier Reitern aus dem Gastgeberland zu einem fünften Platz.  Nach dem vierten Weltcupspringen mit 27 Teilnehmern in Hortobagy (Ungarn) übernahm der Gestütsreiter sogar die Führung in der osteuropäischen Wertung. Er entschied nach dem zweiten Stechen auf dem Modus xx-Sohn die Prüfung für sich. In der dritten Wertungsprüfung in Sopot (Polen) hatte das Paar zwar Platz neun belegt, war aber zweitbestes aus Osteuropa. Auch das Mannschaftspringen, zu der neben Schiele noch Ralf Deutschmann (Schlagenthin) und Ralf Blankenburg (Moritzburg) zum Team gehörten, gewann die DDR-Equipe in Ungarn. Elf Fehlerpunkte hatte sie auf dem Konto, die Gastgeber 12 und die bundesdeutsche Mannschaft 16.

Eine der vielen Gesprächsrunden zur Erneuerung des DDR-Verbandes. Foto: H.J. Begall

Eine der vielen Gesprächsrunden zur Erneuerung des DDR-Verbandes. Foto: H.J. Begall

Beim zweiten Weltcupspringen in Gera, bei dem erstmals elektronisch Starterlisten erstellt wurden, bekam ein weitere Neustädter eine goldene Schleife an sein Pferd geheftet. Udo Hildebrandt, heute Ausbilder der vielen reitenden Schüler in der Dossestadt, gewann nach zwei Stechen auf dem Wallach Jordanus (v. Jupiter – Julier – Julius Cäsar xx) den Großen Preis und verwies den Kraftfahrzeugmeister Frank Thron mit Rasant auf Platz zwei. In Vilnius (damals noch Sowjetunion) kam der damalige Auslands-Debütant Maik Junghänel, heute in der Nähe von Brandenburg selbständiger Berufsreiter, als bester DDR-Springreiter auf Platz acht im Weltcup.

Erst beim ungarischen Derby in Uny verdrängte der Moritzburger Ralf Blankenburg durch einen vierten Platz den Neustädter aus der Spitze. Die zwei besten Reiter der „Zentraleuropa-Liga“ qualifizierten sich schließlich für das Finale im April 1990 in Dortmund. Und der Zweite war damals Ralf Blankenburg hinter dem Polen Rudolf Mrugala. Sein Pferd Safran III wurde später an Alexander Moksel (Buchloe) verkauft und der junge Ralf Schneider, heute in Hirschburg bei Rostock mit der Dressurreiterin Pia Laus verheiratet, erlangte mit dem Wallach erste internationale Erfolge.

Jubel am Reichstag über den Mauerfall. Foto: H.J. Begall

Jubel am Reichstag über den Mauerfall. Foto: H.J. Begall

Zwischen dem Ende der Qualifikation im Herbst 1989 und dem Finale fiel die Mauer. In der Weltcup-Saison 1990/91 kam Jüterbog hinzu und beide osteuropäischen Ausrichter blieben in der Zentraleuropa-Liga des Weltcups bis 1993/94.

Gastgeber des einzigen Dressur-Weltcups in Ostdeutschland wurde im September 1990 Salzwedel (Altmark). Bereits 1989 konnten die DDR-Reiter schon in Ksiaz (Polen) Punkte für den Weltcup sammeln. In der entscheidenden Kür belegte Ina Saalbach, die später ihren Ausbilder Wolfgang Müller (Löbnitz) heiratete, hinter der Berlinerin Madeleine Winter-Schulze auf Winslow den zweiten Platz. Die Freundschaft der drei, die vor mehr 30 Jahren begann, ist heute noch intensiv. 

Dr. Rudi Fuchs (l.) und Erich Oese (r.) verstanden sich vor und nach dem Mauerfall stets gut. Foto: H.J. Begall

Dr. Rudi Fuchs (l.) und Erich Oese (r.) verstanden sich vor und nach dem Mauerfall stets gut. Foto: H.J. Begall

Die Abstinenz der DDR-Reiter im westlichen Ausland war schon wenige Wochen vor dem Mauerfall vorbei.  Nachdem die DDR-Dressurreiter nach Lipica fahren durften, erhielten die Springreiter eine Einladung nach Österreich. Zum CSI Graz konnten jedoch nur Frank Thron (Halle) und Falk Siegling (Blankenhain) fahren, da eine Pferdegrippe den Einsatz von Bernd Schiele und Günter Till aus dem Hengstdepot Neustadt-Dosse verhinderte. Dies betraf auch Horst Köhler, der mit Abendwind eine Musikkür in der Steiermark vorführen sollte. Von den Vierspännernfahrern hatte der Schwinkendorfer Albert Gaiser das Glück, bereits vor dem Mauerfall in Österreich starten zu dürfen. 

Turbulenzen beim DDR-Verband

Bei Gründung des Landesverbandes MV für Reiten, Fahren und Voltigieren 1990 wurde Karl-Wilhelm Marquardt zum Präsidenten gewählt FN Justitiar Dr. Wagner gratuliert in Güstrow zur Wahl. Foto: Jutta Wego

Bei Gründung des Landesverbandes MV für Reiten, Fahren und Voltigieren 1990 wurde Karl-Wilhelm Marquardt zum Präsidenten gewählt FN Justitiar Dr. Wagner gratuliert in Güstrow zur Wahl. Foto: Jutta Wego

Dass ausgerechnet einen Tag nach dem Mauerfall der DDR-Pferdesportverband seine 13. Präsidiumstagung in Griebsee hatte, lässt erahnen, dass die Diskussionen nicht in gewohntem Rahmen verliefen. 25 Mitglieder und Gäste meldeten sich zu Wort, heißt es im Protokoll. Die aktuelle Situation war schon gekennzeichnet durch das teilweise Zurückziehen finanzieller und materieller Fonds von Betrieben aus den Sektionen Pferdesport, Vertrauensfragen an gewählte Leitungen und Einzelpersonen, das starke Bedürfnis von sofortigen sportlichen Begegnungen mit Reitern Westberlins und der Bundesrepublik sowie dem Begehren einiger Preisrichter, auch im anderen Teil Deutschlands zu fungieren.  Was für einige überrascht, dass am 11. November, also zwei Tage nach der Grenzöffnung, schon der Wunsch formuliert wurde, dass die Übungsleiter-Qualifikationen durch die westdeutschen Landesverbände anerkannt werden. Dabei stand die erste Zusammenkunft der Präsidenten der beiden deutschen Pferdesportverbände (FN) erst am 22. und 23. Januar 1990 auf dem Kalender.

Karl-Wilhelm Marquardt war für die drei Nordbezirke federführend bei den Verhandlungen mit dem Deutschen Pferdesportverband der DDR (DPV) in der Umbruchphase und war von 1990 bis 1994 Präsident des neugegründeten Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern für Reiten, Fahren und Voltigieren. Foto: Jutta Wego

Karl-Wilhelm Marquardt war für die drei Nordbezirke federführend bei den Verhandlungen mit dem Deutschen Pferdesportverband der DDR (DPV) in der Umbruchphase und war von 1990 bis 1994 Präsident des neugegründeten Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern für Reiten, Fahren und Voltigieren. Foto: Jutta Wego

In der Erneuerungsphase des DDR-Pferdesportverbandes wurde bereits Mitte 1989 über die Einführung einer „Turnierqualifikation“, also einer Reiter-Lizenz, diskutiert. Den Bezirksfachausschüssen (BFA) wurde sie erstmals am 27. und 28. Oktober in Ludwigslust vorgestellt. 14 Tage später wurde die Einführung einer Gastlizenz mit den disziplinspezifischen Arbeitskreisen beschlossen. Vorsitzende der BFA aus dem Norden waren Dr. Klaus Lemcke (Schwerin), Werner Rambow (Rostock) und Berthold Sagert (Neubrandenburg).

Da sich die politischen Ereignisse überschlugen, kam auch viel Bewegung in den Verband. Dietrich Fritsch vom BFA Potsdam forderte am 7. Dezember in der Tageszeitung Sport-Echo eine Standortbestimmung des Verbandes. Der Arbeitskreis Dressurreiten, dem Dr. Rudi Fuchs vorstand, stellte in einem Brief an die Verbandsspitze viele Fragen, die sich u.a. auf die Arbeit des Trainerrates und auf Gerüchte über unredliche Verfahrensweisen bezogen.  

Auf dem zweiten Foto mit der Tischrunde sind Flade und Kröber rechts am Tisch. Foto: FEI/Ammann

Auf dem zweiten Foto mit der Tischrunde sind Flade und Kröber rechts am Tisch. Foto: FEI/Ammann

Besonders kritisch waren die Sachsen. In Leipzig begannen bekanntlich auch die Montagsdemonstrationen. Vertreter aus den Bezirken Dresden und Leipzig trafen sich am 22. Dezember, vier Tage nach den Dressurleuten, im Hause des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB/ eine vergleichbare Organisation des bundesdeutschen DSB), mit Forderungen der Erneuerung des Verbandes.  In den vielen Treffen wurde oft die materielle Basis des Pferdesports angesprochen. DTSB-eigene Pferde sollten in den Verband überführt werden, Futtermittel wie auch Ausrüstungsgegenstände sollten abgesichert werden. Denn in einer Mangelwirtschaft war man oft auf Importmaterialien angewiesen. Und auch über die Verteilung von Geldern wurde gesprochen.

Am 13. Januar 1990 wurden plötzlich alle Positionspapiere gegenstandslos. An diesem Tag kamen erneut das Präsidium und alle Vertreter der Bezirke und Arbeitskreise zusammen, um über die Offenlegung von Finanzen, die Forderung nach Selbständigkeit und Eigenverantwortung des Verbandes, einen grenzüberschreitenden Sportverkehr sowie die Einführung eines Pferdepasses zu diskutieren. Drei Tage später trat in Schlaitz (Sachsen-Anhalt) der „Arbeitskreis Springreiten“ geschlossen zurück, um einer Neustrukturierung den Weg frei zu machen. Am 18. Januar traf sich erneut das Büro des Verbandspräsidiums, um Edelgard Kröber (Neustadt/Dosse) neu in den Arbeitskreis aufzunehmen, zu dem bereits Parcourschef Wolfgang Meyer gehörte. Aktivensprecher war damals Rolf Günther, der heute Stellvertretender Betriebsleiter im Mecklenburger Landgestüt Redefin ist.

FEI-Versammlung mit den osteuropäischen FN-Vertretern vom März 1989 in Budapest. Die DDR-Delegation bestand aus Prof. Dr. Flade (l.) und Detlef Kröber (3.v.l.). In der Mitte Weltcup-Direktor Max Ammann. Foto: FEI/Ammann

FEI-Versammlung mit den osteuropäischen FN-Vertretern vom März 1989 in Budapest. Die DDR-Delegation bestand aus Prof. Dr. Flade (l.) und Detlef Kröber (3.v.l.). In der Mitte Weltcup-Direktor Max Ammann. Foto: FEI/Ammann

Die Turbulenzen des DDR-Pferdesportverbandes endeten erst einmal beim VII. Verbandstag am 21. April 1990 in Berlin mit der Wahl eines neuen Präsidiums. Zuvor hatte der alte Vorstand bereits den Generalsekretär Detlef Kröger nach monatelangen Ermittlungen eines Untersuchungsausschusses gegen Amtsmissbrauch und Korruption für immer beurlaubt. „Wir brauchen ein arbeitsfähiges Präsidium und einen klaren Kopf, um uns bei der Vereinigung mit der FN der BRD nicht unterbuttern zu lassen“, rief Wolfgang Zehe (Groß Lüsewitz) auf. Bei dieser Sitzung wurde Prof. Dr. Flade seines Amtes enthoben, der wenige Jahre danach verstarb. Dr. Rudolf Fuchs wurde neuer Präsident. Dem Dozenten der Universität Leipzig zur Seite standen Schatzmeister Heinrich Stürmer (Hohenwalde), für Ausbildung Eberhard Mertens (Jüterbog), für Breitensport Eberhard Roick (Karl-Marx-Stadt), für Leistungsprüfungswesen Erich Heinrich (Dresden), für Jugend Hans-Jürgen Preller (Wernigerode) und für Turniersport Reinhard Käblein (Berlin). Ralf Breselow (Frankfurt/Oder) gehörte zur Finanzprüfungskommission. Die Wegstrecke des DDR-Pferdesportverbandes war absehbar. Am 1. Dezember 1990 wurde er von den Delegierten der neugegründeten Landesverbände in Berlin aufgelöst. Als erster ostdeutscher Landesverband hatte sich am 29. Mai 1990 in Güstrow der Landesverband für Reiten, Fahren und Voltigieren e.V. mit Karl-Wilhelm Marquardt an der Spitze gebildet. „Was wir unter Schwierigkeiten in 40 Jahren aufgebaut haben, wollen wir uns nicht von der Marktwirtschaft zerstören lassen“, sagte eingangs der Versammlung der damals 53-jährige Veterinäringenieur und Mitarbeiter am Bezirksinstitut für Veterinärwesen Rostock. 103 Delegierte aus allen Kreisen der Bezirke Neubrandenburg, Rostock und Schwerin waren zur Gründungsversammlung des neuen Verbandes angereist. Man wollte das Fahrrad nicht noch einmal erfinden. So wurde vom Nachbarn Schleswig-Holstein das Statut „abgekupfert“.

In den Anfängen der osteuropaliga des Weltcups gehörte auch der Moritzburger Ralf Blankenburg zu den Teilnehmern aus der DDR. Foto: H.J. Begall

In den Anfängen der osteuropaliga des Weltcups gehörte auch der Moritzburger Ralf Blankenburg zu den Teilnehmern aus der DDR. Foto: H.J. Begall

In den nach dem Mauerfall folgenden Wochenenden erlebten die Hallenturnierveranstalter in Hannover und in Berlin einen großen Ansturm von DDR-Besuchern. Einer damaligen Pressemitteilung zufolge kamen von den 28.000 Zuschauern (im Jahr davor waren es nur 18.000) in die Deutschlandhalle über vier tausend jenseits der Mauer. „Wenn diese Mauer hier in der Stadt nicht gefallen wäre, hätten die Berliner tatsächlich Angst haben müssen, das Weltcup-Springen zu verlieren. Man ist es leid, jedes Jahr immer wieder das gleiche Gezanke und die gleichen Diskussionen über die mangelnden Zuschauer und den Grüne Woche Termin zu hören“, sagte damals Max Ammann.

Beim Weihnachtsturnier 1989 in Salzwedel konnte erstmals wieder mit Alfred Konzag (Grasleben) ein Reiter aus Niedersachsen bei einer DDR-Veranstaltung an den Start gehen.  Die Zuschauerreihen waren aber schon Lückenhaft. Viele DDR-Bürger, darunter auch so manche Funktionäre, holten sich ihr „Begrüßungsgeld“ von 100 DM jenseits der Grenze ab.  Ihren ersten „West-Start“ hatten die DDR-Springreiter dann beim Hallenturnier in Darmstadt, nach 18 Jahre Pause. Mit dabei war auch Rolf Günther.

Sowohl den Pferdesport wie auch die Pferdezucht mussten viele Ostdeutsche gleich nach dem 9. November in ihrer Lebensplanung zurücksetzen. Die berufliche Zukunft in einem Zerbrechen vieler Betriebe stand im Vordergrund. Hatte der DDR-Pferdesportverband zur Wendezeit noch 55.000 Mitglieder (davon 54 % Kinder und Jugendliche) in 1077 Sektionen, waren es nach Gründung der ostdeutschen Landesverbände insgesamt nur noch die Hälfte an organisierten Pferdesportler. In Mecklenburg-Vorpommern gab es zum 31. Dezember 1990 nur rund 4000 Mitglieder in 159 Vereinen. Dafür ging es danach wieder bergauf, wenn auch in kleinen Schritten…

Ost-West-Hochzeiten in der Zucht

Auch die Züchter gingen aufeinander zu. Anfang 1990 berichtete Margot Schöning, bekannt auch unter dem Synonym Polly, im Verbandsmagazin „Pferd und Sport“ vom Treffen der Pferdezüchter aus der Bundesrepublik und der DDR in Heinersdorf bei Fürstenwalde, um vor allem über die genealogische Verbesserung des Edlen Warmbluts zu beraten. Mit Frischspermatransfer, aber auch Know how bei der künstlichen Besamung, bei der Hengsthaltung und Aufzucht, der technischen Grundausstattung der Betriebe, die Errichtung von Reithallen und der Vermarktung wollten die westdeutschen Züchter ihre Kollegen im Osten unter die Arme greifen. Für die Ost-West-Hochzeiten per Rucksack erklärten sich die Gestüte Grönwohldhof, St. Ludwig, Amselhof Walle, Wiechenhof und Paul Schockemöhle bereit, Frischsamen in begrenztem Umfang zur Verfügung zu stellen. Auch über Gefriersamen aus dem Landgestüt Celle sowie den direkten Einsatz von zwei Hengsten aus dem oldenburgischen Gestüt Klatte wurde gesprochen.

Auch der Verband der Pferdezüchter Mecklenburg-Vorpommern wurde 1990 neu gegründet. Erster Präsident wurde Jürgen Harnack, Zuchtleiter und Geschäftsführer Uwe Witt, Vizepräsident für die Ponyrassen Wolfgang Rehmer (v.r.). Daneben Dr. Bodo Wachholz, der wichtige Dokumente für den Verband erarbeitete und ebnenso wie Ferdinand Engel (neben ihm) in den ersten Berwertungskommissionen mitwirkte. Foto: Jutta Wego

Auch der Verband der Pferdezüchter Mecklenburg-Vorpommern wurde 1990 neu gegründet. Erster Präsident wurde Jürgen Harnack, Zuchtleiter und Geschäftsführer Uwe Witt, Vizepräsident für die Ponyrassen Wolfgang Rehmer (v.r.). Daneben Dr. Bodo Wachholz, der wichtige Dokumente für den Verband erarbeitete und ebnenso wie Ferdinand Engel (neben ihm) in den ersten Berwertungskommissionen mitwirkte. Foto: Jutta Wego

„Damit nicht eine wilde Hatz nach diesen Rucksack-Vätern ausbricht und sich jeder mit einer künstlichen Vagina auf die Reise macht, wurde eine Koordinierung über die bekannten Zuchtleitstellen, über die Pferdezuchtdirektionen Mitte, Nord und Süd vorgeschlagen“, schrieb Margot Schöning.  In den Genuss portionierter Blutauffrischungen sollte auch die nichtvolkseigene Zuchtbasis, die Privaten, kommen. Doch da tauchte auch das Problem der technischen Abwicklung des Samentransfers auf. Wie soll der schnelle Transport erfolgen, wenn Autos, Benzinchecks und Valuta fehlen? Da waren oft individuelle Lösungen gefragt, denn die Betriebe hatten angesichts der Umwälzungen ganz andere Sorgen. (Hans-Joachim Begall)

 

 

 

 

 

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