Recht kurz und bündig: Leitsätze zur Tierhalterhaftung

Erschienen am 29.10.2018

Die Haftung des Pferdehalters ist ein "heißes Eisen", zumal der Halter eines "Luxustieres" ohne eigenes Verschulden haftet, wenn sein Pferd einen Schaden verursacht. Das Risiko wird in diesem Beitrag auf der Grundlage einiger Gerichtsentscheidungen beleuchtet.

Beteiligung mehrerer Pferde

Gehen mehrere Pferde einer Reitergruppe durch und verursachen den Sturz eines entgegenkommenden Radfahrers, braucht von dem Verletzten nicht nachgewiesen werden, dass es zu einer Kollision gekommen ist. Es reicht, dass er infolge einer spontanen Richtungsänderung zur Vermeidung einer Kollision gestürzt ist.

Gehören die Pferde der Reitergruppe verschiedenen Haltern, kann sich jeder einzeln nicht darauf berufen, dass nachzuweisen sei, sein Pferd habe den Sturz verursacht. Vielmehr haften die Halter der beteiligten Pferde als "Gesamtschuldner". Der Geschädigte kann alle gemeinsam oder nach seiner Auswahl einen der beteiligten Pferdehalter in Anspruch nehmen.

Schaden an tierärztlichem Gerät

Lange Zeit war streitig, ob die Tierhalterhaftung auch zugunsten eines Tierarztes greift. Die Frage ist geklärt: Wird ein Tierarzt bei der Behandlung in Ausführung der in Auftrag gegebenen Behandlung verletzt, z. B. durch das Ausschlagen des Pferdes, so haftet der Pferdehalter. Eine Kürzung des Anspruchs des Tierarztes kommt nur dann in Betracht, wenn er nicht die gebotene Sorgfalt beachtet hat. Er muss sich dann ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Die Schadensersatzpflicht trifft den Tierhalter auch dann, wenn an Instrumenten des Tierarztes ein Schaden eintritt. Beschädigt beispielsweise durch Zubeißen ein Pferd das Endoskop anlässlich einer Untersuchung der Speiseröhre, so hat der Tierhalter Schadensersatz zu leisten. Etwas Anderes soll dann gelten, wenn nachgewiesen wird, dass sich nicht die "typische Tiergefahr" ausgewirkt hat, sondern dass das Zubeißen ein Reflex-Verhalten als Reaktion auf die tierärztliche Maßnahme ist.

Haftung zugunsten des Bereiters

Nachdem Tierarzt und Hufschmied Schadensersatzansprüche gegen einen Tierhalter geltend machen können, soll dies nach einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts auch für den Bereiter gelten. Das ist durchaus nachvollziehbar: Schließlich übernimmt der Berufsreiter aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung die Gefahr, dass er durch ein willkürliches, von ihm nicht beherrschbares Verhalten des Pferdes zu Schaden kommt. An eine Kürzung seines Schadenersatzanspruches wäre allenfalls dann zu denken, wenn ihm ein besonders problematisches Pferd anvertraut und der Tierhalter unmittelbar vor dem Beritt dem Bereiter noch freigestellt hat, ob er das Pferd tatsächlich reiten will (Schleswig- Holsteinisches OLG, Az. 17 U 103/14).

Pferd kontra PKW

Schadensersatzansprüche kommen bei einer Begegnung zwischen PKW und Pferd auch dann infrage, wenn weder den Reiter noch den PKW-Fahrer ein Verschulden trifft. Beide haften nämlich grundsätzlich verschuldensunabhängig. Der PKW-Fahrer, der durch seine Annäherung ein Scheuen des Pferdes verursacht, haftet wegen der von seinem Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr. Der Reiter, der durch das Scheuen seines Pferdes stürzt, hat deswegen einen Schadensersatzanspruch gegen den PKW-Halter, muss sich den aber kürzen lassen wegen der von seinem Pferd ausgehenden Tiergefahr. Das OLG Celle hat eine hälftige Schadensquote von 50 % für gerechtfertigt gehalten (OLG Celle, 14 U 128/13).

Dr. Plewa/Dr. Schliecker Rechtsanwälte

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