Kein Versicherungsschutz für Gefälligkeitsleistung?

Erschienen am 17.10.2017

Bekanntlich genießen Vereinsmitglieder, die im Rahmen einer Vereinsveranstaltung tätig werden, dann Versicherungs­schutz, wenn sie selbst einen Schaden erleiden oder aber versehentlich einen anrichten. Das soll nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes nicht gelten, wenn sich der Schaden im Rahmen einer Gefälligkeitsleistung für den Verein ereignet.

Der Fall

Die Klägerin eines Rechtsstreites hatte ihre Enkelin und deren Mannschaftskolleginnen zu einer Kreismeisterschaft gefahren. Eine entsprechende Situation könnte man sich auch vergleichbar im Voltigiersport oder bei einer Veranstaltung für Jungzüchter vorstellen. Auf der Fahrt zum Veranstaltungsort erlitt die Klägerin einen Unfall, bei dem sie sich schwer wiegende Verletzungen zuzog. Sie wandte sich mit einem Schadensersatzanspruch zunächst an die Sportversicherung, bei der grundsätzlich für den Verein über den Pferdesportverband und den Landessportbund Versicherungsschutz bestand. Der lehnte die angemeldeten Ansprüche ab, woraufhin die Klägerin vor Gericht zog. Die Klage richtete sich dann gegen den Verein, der allerdings den Rechts­streit auf Kosten und Risiko des Versicherers führen konnte. Der berief sich darauf, dass nach den Versicherungsbedingungen nur Vereins­mitglieder versichert seien. Außerdem komme der Versicherungsschutz nur zum Tragen, wenn das Vereinsmitglied offiziell eingesetzter Helfer sei.

Der Instanzenzug

Das Landgericht hatte die Klage gänzlich abgewiesen. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) gab der dagegen eingelegten Berufung teilweise statt. Das OLG lehnte zwar einen Schmerzensgeldanspruch ab, erkannte der Klägerin aber einen Schadensersatzanspruch wegen des materiellen Schadens zu.

Der BGH sah die Sache wiederum anders: Er hielt das erstinstanzliche Urteil für richtig. Letztlich ging die Klägerin also leer aus.

Zur Begründung

Der BGH stellte darauf ab, dass generell zwischen einem Auftrags- und Gefälligkeitsverhältnis zu unterscheiden sei. Ob jemand im Sinne eines rechtsgeschäftlichen Auftrages oder aber auf Grund einer außer- rechtlichen Gefälligkeit tätig werde, sei nach den Umständen des Einzelfalles "nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte" zu beurteilen.

Nach dem juristischen Sprachgebrauch geht es dabei um den "Rechtsbindungswillen". Der wird meistens daraus abgeleitet, dass die Person bei der Ausübung der Tätigkeit auch ein eigenes rechtliches oder wirtschaftliches Interesse verfolgt. Ein Bindungswille fehle - so der BGH - in der Regel beim so genannten Gefälligkeitshandeln des täglichen Lebens, bei Zusagen im gesellschaftlichen Bereich oder bei Vorgängen, die diesen ähnlich sind. Die Klägerin, die den Unfall mit ihrem Fahrzeug erlitten hatte, habe ihre Enkelin zu der Kreismeisterschaft fahren wollen, um ihr die Teilnahme zu ermöglichen. Das sei aus Gefälligkeit gegenüber der Enkelin und deren Eltern geschehen. An dem Charakter einer Gefälligkeitsfahrt ändere sich auch dadurch nichts, dass der Transport auch im Interesse der Mannschaft und damit des beklagten Vereins durchgeführt worden sei. In dem konkreten Fall sei der "Bringdienst" zu auswärtigen Wettbewerben Sache der Eltern bzw. anderer Angehöriger oder Freunde gewesen. Er fiel also nach der richterlichen Wertung nicht in den Aufgabenbereich des Vereins.

Der Klägerin kam letztlich der für den Verein bestehende Versicherungsschutz nicht zu Gute, sie "blieb auf ihrem Schaden sitzen".

Fazit

Wer Vereinsmitgliedern eine reine Gefälligkeit erweist, tut dies auf eigenes Risiko, auch wenn sein Tätigwerden Vereinsinteressen dienen sollte. Dagegen genießt derjenige Versicherungsschutz, der im Auftrag des Vereins als dessen beauftragtes Mitglied tätig wird. Es lohnt sich im Hinblick auf die rechtlichen Konsequenzen, diese Unterscheidung zu beachten.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker

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