PFERDEEINSTELLUNGSVERTRAG: Weidegang reine Gefälligkeit?

Erschienen am 17.12.2016

Viele Betreiber von Pferde-Pensionsställen bieten die Weidenutzung für die eingestellten Pferde an, ohne diese Leistung gesondert zu berechnen. Dabei wird oftmals das spezielle Haftungsrisiko übersehen.

Haftungsrisiko Weidegang

Der Pferdeeinstellungsvertrag begründet für den Betreiber eines Pferde-Pensionsstalles viele Haftungsrisiken. Es werden hohe Anfor­derungen an die Sorgfalt gestellt, mit der vom Stallinhaber dafür gesorgt werden muss, dass Schäden am eingestellten Pferd vermieden werden.

Heute ist es - erfreulicherweise - in vielen Pferde-Pensionsbetrieben üblich, dass auch Turnierpferden Weidegang gegönnt wird. Nicht selten wird vom Stallinhaber auch noch das Herausführen auf die Weide oder das Hereinholen des eingestellten Pferdes übernommen, ohne dass er diese Leistungen gesondert in Rechnung stellt.

Reine Gefälligkeit?

In einem vom Landgericht Münster (LG) entschiedenen Fall hatte sich das Pferd nach dem Hereinholen von der Weide wegen einer nicht ausreichend stabilen Anbindevorrichtung so schwere Verletzungen zugezogen, dass es eingeschläfert werden musste. Der Stallinhaber verteidigte sich gegen die Schadensersatzforderung im Prozess mit dem Argument, er hafte nicht, weil die Weidenutzung eine reine Gefälligkeit gewesen sei.

Das Gericht ließ dieses Argument nicht gelten. Wenn regelmäßig über einen längeren Zeitraum die Weidehaltung angeboten werde auf der Grundlage eines mündlichen Pferdeeinstellungsvertrages, so müsse davon ausgegangen werden, dass auch der Weidegang, das Herausbringen auf die Weide und das Hereinholen in den Stall vom Leistungsumfang umfasst sei. Der Stallinhaber hafte daher, wenn im Zusam­menhang mit dieser Leistung aufgrund einer Pflichtverletzung ein Schaden entstehe.

Die Anbindevorrichtung

Das Pferd war in dem geschilderten Fall an einem Anbindepfahl von etwa 1,30 m Höhe angebunden worden, der mit ca. 5 cm in den Untergrund (Magerbeton) reichenden Schrauben befestigt war. Das Pferd hatte sich erschrocken, den Anbindepfahl aus seiner Verankerung gerissen und dann panikartig die Flucht ergriffen. Der gegen die Gliedmaßen schlagende Pfahl hatte so schwerwiegende Verletzungen verursacht, dass das Pferd eingeschläfert werden musste.

Das LG sah in der technischen Ausgestaltung des Pfahls eine Pflichtverletzung. Eine Anbindevorrichtung müsse so gestaltet sein, dass sie auch einer Panikattacke des Pferdes standhalte. Dem dürfte durchauszuzustimmen sein. Schließlich würde eher zu erwarten sein, dass entweder der Anbindestrick reißt oder aber das Halfter. Es wäre dann wohl auch mit geringeren Unfallfolgen zu rechnen.

Bemerkenswert ist die Begründung des Gerichts. In dem Urteil heißt es:

"Wesentlich ist der Schutz Dritter vor der Gefahr eines panikartig davonlaufenden Pferdes und nicht der Schutz des Pferdes vor eigenen Verletzungen".

Es sei deswegen auch nicht entscheidend, dass der am Führstrick angebrachte Panikhaken standgehalten und damit seinen Zweck erfüllt habe. Die Verwendung eines zum Anbinden nicht geeigneten Pfahls stelle eine Verletzung des Pensionsvertrages und somit eine haftungsbegründende Handlung des Stallinhabers dar. Die Schadensersatzklage wurde daher dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten.

Fazit:

Der geschilderte Fall bestätigt erneut das erhebliche Haftungsrisiko des Stallinhabers für Schäden am eingestellten Pferd. Das Haftungsrisiko ist durch die übliche Betriebshaftpflichtversicherung nicht abgedeckt. Der Stallinhaber tut deswegen gut daran, soweit als möglich seine Haftung zu beschränken und außerdem keine Leistung zu erbringen, für die er nicht einmal eine angemessene Vergütung erhält.

Dr. Plewa/Dr. Schliecker

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